Klug eingefädelt

Wie die alte Textilhochburg Bocholt eine Industriebrache in urbane Stadtplanung einwebt

Übersicht

Die Industriebrache rund um Bocholts alte Spinnereien wurde fast nur noch als Lager genutzt und galt als »forbidden city«. Bocholt plante die Umnutzung als lebendiges Wohn- und Kulturquartier. Nun ist mit Privatinvestment der erste Bauabschnitt für urbanes Wohnen und Arbeiten ist gestartet.

© Stadt Bocholt

Hintergrund

Es ist im Wortsinn eine »A«-Lage am Flüsschen Aa, nahe bei einem See und unweit des Stadtzentrums, 25 Hektar. Noch vor Jahren sah man hier nur verfallende Schornsteinreste, ein marodes Spinnerei-Gebäude und alte Maschinenhallen, die bestenfalls noch als Lager genutzt wurden. Bocholts Stadtverwaltung erkannte aber das städtebauliche Potenzial. Würde eine Konversion in ein neues urbanes Quartier gelingen? Schließlich ging es um verschiedene Eigentümerinteressen. Mit dem Plan des Landschaftsverbandes, hier museale Ausstellungsräumlichkeiten zur Geschichte der Textilindustrie auszubauen, konnte der Ball fürs Städtebauprojekt in Rollen gebracht werden. Die Stadt bewarb sich mit dem Vorhaben erfolgreich für die Regionale 2016 - ZukunftsLAND.

Ziele

Die Vision »Kultur- und Bildungsquartier Bocholter Aa und Industriestraße«, kurz KuBAaI, war geboren.  Auf dem Brachland soll nun ein neues Quartier mit urbanem Flair entstehen: Bunt, sozial gemischt, lebendig und nachhaltig, mit Raum zum guten Leben, zum Wohnen und Arbeiten, mit attraktiven Freizeitmöglichkeiten und Angeboten, Kultur zu erleben und sich weiterzubilden. Bocholt erhofft sich durch das Projekt nicht zuletzt eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes und der Attraktivität der Stadt.

© Stadt Bocholt

Aktivitäten

Den Ton setzte der Landschaftsverband Lippe Westfalen mit dem Industriemuseum TextilWerk in historischer Bausubstanz. Nachdem bereits 2001 erste Gespräche stattgefunden hatten, trafen sich 2008 das Stadtplanungsamt, Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer, ein Unternehmen sowie die Lokalpolitik zu einer »Zukunftswerkstadt«. Ein Jahr später lagen die ersten raumplanerischen Ideen zu KuBAaI auf den Tisch. 2011 folgte die Bewerbung zur Regionale 2016. KuBAaI wurde schließlich zu einem der führenden Projekte der Regionale gekürt.

In einem partizipativen Prozess mit der Bevölkerung wurden die Ideen weitergesponnen, die Finanzierungsmöglichkeiten diversifiziert und privates Investment gewonnen. Die Stadt deckelte ihr eigenes Budget für das Projekt.

Wirkungen

Nun sollen 350 bis 400 Wohnungen entstehen können - bezahlbarer, auch öffentlich geförderter Wohnraum, der alle Generationen anspricht. Bislang war der wachsende Bedarf an neuen Flächen vor allem an den Stadträndern gedeckt worden; ökologische und landwirtschaftlich nützliche Flächen gingen so verloren. Das neue Quartier dient also auch dem Umweltschutz. 

Musikschule, VHS und Kulturbüro sollen 2021 ins neue Quartier ziehen.

Im neuen »LernWerk«, unter dem Dach einer alten Spinnerei, wird auch die freie Kulturszene Räumlichkeiten finden. Bocholt ist entschlossen, sein industrielles Kulturerbe neu zu beleben, denn das macht die Identität der Stadt aus.

© Stadt Bocholt

Fazit

Dem städtebaulichen Projekt KuBAaI gelingt es, die wichtigen Dimensionen der Nachhaltigkeit, soziale und umweltgerechte Entwicklung, im Stadtbild zu verankern. Der städtische Zusammenhalt hat von dem vorbildlichen partizipativen Planungsprozess profitiert und stärkt die Identität von Bocholt auf der Basis seines industriellen Erbes. Die Finanzierungsstruktur hat sogar den Beifall des Bundes der Steuerzahler NRW gefunden. Bocholt zeige, wie es einer Stadt gelingen kann, Impulse zu setzen und dem »Lockruf des Geldes Augenmaß entgegenzusetzen«.

Autorin: Sabine Hammer

Kontakt

Reinhold Wilke

Stadt Bocholt

Fachbereich 33 Tiefbau,Verkehr & Stadtgrün

Rathaus

Berliner Platz 1

46395 Bocholt

 

reinhold.wilke(at)mail.bocholt.de

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Kategorien: Integrierte Stadtentwicklung Öffentlicher Raum Partizipation und Stadtplanung Stadtsanierung
Regionen: Europa Deutschland Bocholt

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