06.07.2021

Undifferenzierte Strategien sind kein Mittel gegen die Corona-Pandemie

Interview mit Soo-Jin Kim, Leiterin der Urban Policies and Reviews Unit der OECD

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat kürzlich analysiert, wie die Städte der Welt auf die Corona-Pandemie reagiert haben. Soo-Jin Kim, Leiterin der Urban Policies and Reviews Unit der OECD, plädiert für lokal angepasste Lösungen – jetzt und für die Zeit nach dem Ende der Pandemie.

Seit März 2020 waren die lokalen Gesundheitsbehörden immer wieder in den Schlagzeilen. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Kommunalpolitik ist deutlich gestiegen. Welche Rolle haben die Kommunen bisher bei den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie gespielt?

Soo-Jin Kim: Von Anfang an haben die Kommunen keineswegs nur darauf gewartet, dass die nationalen Regierungen ihnen sagen, was zu tun ist – vielmehr haben sie sofort selbst auf die Pandemie reagiert. Sie haben die Öffentlichkeit auf verschiedenen Wegen über die notwendigen Maßnahmen informiert, dafür gesorgt, dass die Bürgerinnen und Bürger die Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Außerdem haben sie den Übergang zur Telearbeit unterstützt und sich um die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen gekümmert, wozu insbesondere ältere Menschen und arme Bevölkerungsteile zählen. Ferner haben die Kommunen die öffentliche Grundversorgung, insbesondere das Gesundheitssystem, am Laufen gehalten und dazu beigetragen, dass die lokale Wirtschaft die Gesundheitskrise übersteht. Daher würde ich den Beitrag der Kommunen als „unverzichtbar“ bezeichnen.

Ganz unabhängig von der Krise ist festzustellen, dass die Kommunen zu jeder Zeit wichtige öffentliche Akteure sind. So entfallen in den OECD-Ländern durchschnittlich 40 Prozent aller öffentlichen Ausgaben auf subnationale Akteure. In Bundesstaaten wie Deutschland oder der Schweiz sind es sogar 50 bis 60 Prozent!