Die Stadt Bonn gilt als Vorreiterin in Sachen Berichterstattung zur lokalen Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Sie hat 2022 bereits ihren zweiten freiwilligen Umsetzungsbericht – einen Voluntary Local Review (VLR) – bei den Vereinten Nationen präsentiert. Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg war eine Dialogveranstaltung, die die Stadt im April 2021 gemeinsam mit Connective Cities veranstaltet hatte.
Die Stadt Bonn hatte sich schon früh auf den Weg gemacht, die 2015 von den Vereinten Nationen beschlossenen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) umzusetzen. Sie war unter den ersten rund 40 Städten weltweit, die einen VLR vorlegten. Nach der Publikation ihres ersten VLR im Jahr 2020 gab es allerdings den Wunsch, die eigene Arbeit durch einen internationalen Austausch weiter voranzubringen und andere an den eigenen Erfahrungen teilhaben zu lassen.
Dem Connective-Cities-Team schlug die Stadt vor, 2021 bei einer gemeinsamen Dialogveranstaltung deutsche und internationale Fachleute aus Kommunal-verwaltungen, kommunalen Unternehmen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zu einem fachlichen Austausch zur Berichterstattung und zum Monitoring der SDG-Umsetzung zusammenzubringen. Mit diesem Anliegen traf sie einen Nerv der Zeit: 60 Fachleute aus 19 Ländern in Europa, Asien, Afrika, Nord- und Südamerika kamen zum – coronabedingt virtuellen – Austausch. Sie diskutierten gute Praxisbeispiele und entwickelten lokale Lösungen für zentrale Herausforderungen mit der bewährten Peer-to-Peer Methode als ersten Schritt eines Connective-Cities-Lernprozesses.
Damals gab es in Deutschland abgesehen von Stuttgart, Mannheim und Bonn kaum Städte, die bereits Umsetzungsberichte zur Agenda 2030 erstellt hatten. Es bestand zudem großes Interesse, mehr über die Aktivitäten von Städten im europäischen und außereuropäischen Ausland zu erfahren. „Die Zusammenarbeit mit Connective Cities war für uns interessant, weil das Team über sein großes Netzwerk wichtige Akteure mobilisieren konnte, zu denen wir selbst keinen direkten Zugang hatten“, sagt Verena Schwarte vom Amt für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Stadt Bonn im Rückblick.
Nach der Dialogveranstaltung nutzte die Stadt Bonn die Gelegenheit, als eine von zehn Städten in Nordrhein-Westfalen einen Nachhaltigkeitsbericht nach dem standardisierten Berichtsrahmen Nachhaltige Kommune des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) zu erstellen. Unterstützung erhielt sie dabei vom RNE, von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global und von der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW. Da der Berichtsrahmen streng vorstrukturiert ist, sah Bonn davon ab, wie ursprünglich während der Dialogveranstaltung geplant, zusätzliche Indikatoren zu etablieren und im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts die Wissenschaft und Zivilgesellschaft stärker in das Monitoring, die Berichterstattung und die Datenerhebung zu den SDGs einzubinden.
Die Dialogveranstaltung eröffnete der Stadt Bonn viele neue Zugänge, etwa zum Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-HABITAT). Sie nahm an einer Studie des Stockholm Environment Institute zur Lokalisierung der Agenda 2030 teil und konnte ihre Kontakte unter anderem zur Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) intensivieren.
"Die Dialog-Veranstaltung hat uns Türen zu neuen Netzwerken geöffnet."
Verena Schwarte, Amt für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Stadt Bonn
Bonn setzte nach der Dialogveranstaltung den Austausch mit den anderen Teilnehmenden fort; es entstanden zahlreiche Win-Win-Situationen unter anderem bei bilateralen Online-Workshops. Als die westukrainische Stadt Lviv ihr SDG-Monitoring aufbaute, unterstützte Bonn mit seinen Erfahrungen.
Manizales in Kolumbien verfolgt einen ähnlichen Ansatz in der Kommunikation mit der Bevölkerung wie Bonn: Beide Städte nutzen spielerische Elemente: Bonn arbeitet in der Öffentlichkeit erfolgreich mit dem SDG-Glücksrad und Manizales mit großen SDG-Karten. Sie tauschen sich seither über ihre Strategien und Erfahrungen aus. Zudem nahm die Stadt Bonn virtuell an der SDG-Woche in Manizales teil und stellte dabei ihren Ansatz zur Lokalisierung der SDGs vor. Gleichzeitig erhielt die deutsche Stadt Einblicke in die SDG-Umsetzung und deren Monitoring in Lateinamerika.
2023 brachte Bonn zudem seine Erfahrungen in das Projekt „VLR goes Ghana“ der SKEW und des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein.
Auch die Ansätze der deutschen Kommunen, die an der Dialogveranstaltung teilgenommen hatten, waren für Bonn sehr wertvoll: Mit dem Berliner Bezirk Treptow-Köpenick tauschte sich Bonn zum Dashboard aus, das der Bezirk für sein Monitoring nutzt. Zudem stellte Treptow-Köpenick für die Stadt Bonn einen Kontakt zur Hochschule her, die das Dashboard entwickelt hatte. Mit der Stadt Stuttgart verbindet Bonn seitdem ein regelmäßiger Austausch zum innerstädtischen Nachhaltigkeitsmanagement.
Im September 2022 lud Bonn seine Partnerstädte zu einer SDG-Partnerschaftskonferenz ein, bei der auch das Monitoring eine zentrale Rolle einnahm. Die Gäste aus La Paz in Bolivien gaben einen Input, den andere Partnerstädte Bonns als Idee für ihr Monitoring nutzen wollten. Seither ist das Monitoring der SDG-Umsetzung fester Bestandteil der Bonner Zusammenarbeit mit seinen Partnerstädten weltweit geworden.
Der Austausch mit anderen Fachleuten brachte der Stadt Bonn zahlreiche neue Erkenntnisse. So verfügen Kommunen in anderen Ländern wie La Paz in Bolivien über wesentlich detailliertere Daten zur Lokalisierung der Agenda 2030. Sie sind teilweise sogar auf einzelne Stadtteile heruntergebrochen. Auch Bonns Partnerkommune Cape Coast in Ghana verfügt über eine bessere Datenbasis. Der Grund: Cape Coast ist auf Projektmittel internationaler Geber angewiesen. Für die Anträge benötigt die Kommune umfassende Daten und hat daher bereits eine gute Datenbasis erarbeitet.
Ein zentrales Anliegen vieler Kommunen ist, dass ihre lokale SDG-Berichterstattung Eingang in die nationalen Berichte findet, die dem High-Level-Political Forum der Vereinten Nationen jährlich vorgelegt werden. Viele deutsche Kommunen sehen hier mehr Handlungsbedarf und die Teilnehmenden an der Dialogveranstaltung erfuhren, wie skandinavische Länder – allen voran Finnland – die lokale und die nationale Ebene beispielhaft verzahnen. Dies könnte auch für das eigene Engagement in Deutschland eine gute Blaupause sein.
Für Bonn hat sich die Teilnahme an dem Fachaustausch von Connective Cities rundum gelohnt. Die Stadt lernte neue Ansätze zur Umsetzung der SDGs und zu Berichterstattung und Monitoring kennen und tauscht sich dazu weiterhin mit (inter-)nationalen Fachleuten aus. Verena Schwarte stellte im Austausch mit internationalen Fachleuten fest, wie viel die Stadt schon erreicht hatte: „Wir erhalten seither vermehrt Anfragen zu unserer Arbeit zum SDG-Monitoring und werden immer wieder von Institutionen aus dem Umfeld der Vereinten Nationen und der Wissenschaft eingeladen, um von unseren Erfahrungen zu berichten“.