Lokale Wirtschaftsentwicklung

Für eine innovative, soziale wie ökologische Wirtschaftsentwicklung

Viele Städte sehen sich heutzutage einem hohen Standortwettbewerb ausgesetzt. Sie konkurrieren um Unternehmen, mit deren Ansiedlung eine Innovationskraft für ganze Stadtregionen verbunden sein kann. Gilt eine Stadt als wirtschaftlich attraktiv, zieht sie neue Investitionen und Unternehmensgründungen an.

Strukturwandel und Bevölkerungsrückgang innerhalb Deutschlands wie auch anderen Industrieländern verstärken zudem den Verteilungswettbewerb zwischen den Standorten. Erste Anzeichen, wie ein zunehmender Fachkräftemangel, sind bereits heute spürbar. Mit den "Wanderungen" von Arbeitsplätzen und Bevölkerung nehmen auch die regionalen Unterschiede bei Wirtschaftskraft und Steueraufkommen zu.

Von Land-Stadt-Migration und einem schnellen Bevölkerungszuwachs sind hingegen die meisten Städte in Entwicklungs- und Schwellenländern geprägt. Dies stellt Städte vor Herausforderungen, birgt aber auch Potentiale. Dem ebenso schnell wachsenden informellen Wirtschaftssektor kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Dort arbeiten weit über die Hälfte aller Beschäftigten und Selbstständigen. Der informelle Sektor kann Neuankömmlingen einen wirtschaftlichen Einstieg und Existenzabsicherung bieten und Ausgangspunkt sein für einen wirtschaftlichen Aufstieg – das gilt für Individuen wie ganze Stadtviertel gleichermaßen.

In den letzten Jahren hat sich eine sehr breite Palette von Konzepten und Instrumenten zur Wirtschaftsentwicklung herausgebildet. Im Mittelpunkt steht hier die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums, das soziale, ökologische und ökonomische Faktoren zusammenführt. Zentrale Ansatzpunkte der Wirtschaftsförderung sind die Förderung von Existenzgründungen, die Unterstützung der bestehenden kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) (KMU-Förderung, Innovationsförderung), die Ansiedlung neuer Unternehmen, verbunden mit einem Standort-Clustering (Standortentwicklung) sowie die sogenannten „One Stop Shops“ oder einheitliche Anlauf- bzw. Servicestellen für Unternehmen in einer Stadt.

Die genannten Förderinstrumente bedingen das Vorhandensein von ausreichendem Datenmaterial zur städtischen Wirtschaftsentwicklung sowie zu Unternehmensregistrierungen. Deshalb sind einige Instrumente insbesondere auf Entwicklungsländer nicht übertragbar, weil dort keine Unternehmensdaten vorliegen. In diesen Kommunen kommen stattdessen partizipative Instrumente zum Einsatz oder die Daten werden im Rahmen von Projektmaßnahmen erhoben.

In Entwicklungsländern bzw. ärmeren städtischen Regionen geht es zumeist darum, eine kohärente Wirtschaftsförderung aufzubauen und zu systematisieren. So setzt das deutsch-namibische Programm Partnership for economic growth auf mehreren Ebenen an: Auf Basis neu und regelmäßig erhobener Wirtschaftsdaten werden Dialogforen zwischen Regierung und Privatwirtschaft organisiert, um im nationalen Entwicklungsplan die Rahmenbedingungen für eine lokale Wirtschaftsentwicklung zu verbessern. Auf lokaler Ebene werden in 13 Städten und Regionen von Unternehmen und Stadtregierungen gemeinsam Strategien erarbeitet und umgesetzt. Darüber hinaus werden Unternehmensverbände und Unternehmensdienstleister gestärkt, um KMU bessere Beratungs- und Infrastrukturleistungen anzubieten und durch neue Finanzprodukte wird der Zugang zu Kapital für KMU erleichtert.

Wirtschaftlich weiter entwickelte urbane Zentren verfolgen eher das Ziel, wichtige Akteure in Zukunftsfragen zu sensibilisieren, in denen Unternehmen oftmals neue Marktchancen erhalten. Ein anderer Ansatz einer Green Urban Economy fördert kommunale und regionale Wirtschaftskreisläufe und grüne Wertschöpfungsketten.

Dabei haben sich die ursprünglich stark auf die direkte Unternehmensförderung abzielenden Maßnahmen heute zu einer stärker strategisch ausgerichteten Standortpolitik entwickelt. Diese verzahnt unterschiedliche städtische Arbeitsfelder miteinander und kann so beispielsweise zu städtisch gesteuerten „Green Growth-Initiativen“ führen. Die mehrfach ausgezeichnete Bielefelder Initiative für Zukunftsenergien und Energieeffizienz legt ihren Schwerpunkt beispielsweise auf Altbausanierung und Wärmedämmung, gepaart mit der Förderung von Energieeffizienz und Erneuerbare Energien in Industrie, Gewerbe und städtischen Einrichtungen. Aus der Initiative ist inzwischen ein regionales Netzwerk mit ca. 130 Mitgliedern entstanden, das den Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen und Institutionen fördert und motivierte Fachkräfte in diesem Bereich qualifiziert. Die Zusammenarbeit mit der städtischen Wirtschaft wird als besonders wichtig angesehen, um technologische Innovationen und lokale Märkte für Erneuerbare Energien zu stärken.

Die Verfügbarkeit und Mobilisierung von Wissen - darunter auch das Wissen über die Folgen wirtschaftlicher Entwicklungen und über Alternativen - ist gerade in den Städten besonders weit fortgeschritten. Ausdruck einer wachsenden kommunalen Beteiligungskultur sind die vielfältigen informellen Verfahren, die sich in den Städten und Gemeinden eingebürgert haben wie Beiräte und Runde Tische, Leitbildentwicklungsprozesse und Zukunftswerkstätten. Netzwerke, die stark auf Kooperation, Reflexivität und Vertrauensbeziehungen basieren, dienen dem Austausch von Konzepten, Erfahrungen und Sichtweisen und können einen Ausgleich unterschiedlicher Interessen herbeizuführen. Die Organisation der Kommunikation unter den beteiligten Akteuren ist so zu einem Aufgabengebiet auch der städtischen Wirtschaftsförderung geworden.

Die Globalisierung hat zu einem spürbar verschärften internationalen Wettbewerb der Standorte und Regionen geführt. Die Stadt kann ihre Aufgabe als Motor für Wachstum und Innovation effektiver wahrnehmen, wenn sie sich als Teil einer Region versteht. Deshalb sind die Kooperation auf regionaler wie internationaler Ebene und die interkommunale Zusammenarbeit zu einem wichtigen Erfolgsfaktor im internationalen Standortwettbewerb geworden. Akteure aus Wirtschaft, Forschung und Administration bilden Initiativen, in denen Städte und Sub-Regionen vernetzt, Know-How geteilt und strategische Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Die Globalisierung beflügelt auch den internationalen Austausch über eine gesellschaftlich verantwortungsvolle städtische Wirtschaftsförderung (Corporate Social Responsibility). Sie kann Vorteile für Unternehmen und Städte schaffen und trägt gleichzeitig zum Wohl der Gesellschaft und der Umwelt bei.

Lokale Wirtschaftsförderung muss sowohl einzelne Firmen wie auch wichtige Branchen, den eigenen Standort wie auch das regionale Umfeld im Blick haben und in der Lage sein, für eine strategisch ausgerichtete Standortpolitik, sowohl städtische Arbeitsfelder wie auch die Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft miteinander zu vernetzen, um eine innovative, sozial ausgewogene wie ökologisch nachhaltige Wirtschaftsentwicklung voran zu bringen.

Praxisbeispiel

Lörrach plant erstes Gewerbegebiet Deutschlands in Holzbauweise

06.03.2024

Holz ist in der Stadt Lörrach und ihrer Nähe zum Schwarzwald mehr als ausreichend verfügbar. Es entstand die Idee, auf…

 


Veranstaltungen

Soziales Unternehmertum bereichert Kommunen

20.09.2021 bis 23.09.2021
virtuelle Veranstaltung in Kooperation mit Kiel

Über 45 Teilnehmende aus 10 Ländern nahmen bei der virtuellen Dialogveranstaltung am 20., 21. und 23. September 2021…

 

Top