Im September 2022 setzten sich 30 deutsche Kommunen - von Pullach bis Hamburg, von Schwäbisch Gmünd bis Greifswald - zusammen, um gemeinsam mit ihren ukrainischen Partnern zu überlegen, wie die Kommunen in der Ukraine vor allem in Hinblick auf den bevorstehenden Winter schnell und unkompliziert unterstützt werden könnten. Russlands anhaltender Angriffskrieg und die damit einhergehende Zerstörung der kritischen Infrastruktur, insbesondere der Energieversorgung, führt zu großflächigen Stromausfällen und Unterbrechungen der Heizungs- und Wasserversorgung im ganzen Land. Durch den Wintereinbruch verstärkt sich die humanitäre Krise für die ukrainische Bevölkerung enorm.
Im Auftrag des BMZ wurden im Rahmen des Projektes „Kommunale Direkthilfe für Solidaritätspartnerschaften mit der Ukraine (Komm Direkt)“ (Verbesserung des Bevölkerungsschutzes in kommunalen Partnerschaften mit der Ukraine) kurzfristig Mittel für Hilfsgüter in Aussicht gestellt. In der Kürze der Zeit und der aktuellen Wirtschaftslage schien es aber schwierig abzuschätzen, ob und wie viele Hilfsgüter tatsächlich noch vor Wintereinbruch ihre Ziele in der Ukraine erreichen könnten. Um die Auslieferungen so schnell wie möglich zu arrangieren, erklärten sich die deutschen Kommunen dazu bereit, die Hilfsgüter entgegenzunehmen und den Transport zu den ukrainischen Partnern eigenverantwortlich zu organisieren.
Gesagt, getan: binnen weniger Tage wurden die ukrainischen Bedarfe durch die deutschen Partner abgefragt und an das Projektteam übermittelt. Der Markt wurde von Fachleuten nach den gefragten Hilfsgütern abgesucht und evaluiert. Administrative Prozesse wurden vereinfacht, um kurzfristig entscheidungsfähig zu sein. Um Herausforderungen besser überwinden zu können und kurze Kommunikationswege zu schaffen, organisierte Connective Cities einen regelmäßigen virtuellen Austausch unter den deutschen teilnehmenden Kommunen. Die Sitzungen leitet der Deutsche Städtetag. Es werden Probleme gemeinsam gelöst und Lageberichte zu der Situation in der Ukraine ausgetauscht.
Auf diese Weise kam man schnell voran. Bald hatte man sich mit den ukrainischen Freunden auf fünf Pakete von Hilfsgütern geeinigt, die auch umgehend beschafft wurden: Mobile Küchen, Heizöfen, Ausstattung für Klassenzimmer inklusive Spielgeräte, medizinische Produkte sowie Kommunalfahrzeuge. In der Zwischenzeit erledigten die teilnehmenden Kommunen die erforderlichen Vorbereitungen und Formalitäten in Sachen Zolldokumentation, Spedition, Übergabeprotokolle – auch hier war die Gemeinschaft ein großes Asset, denn Probleme jeglicher Art konnten durch den Austausch unter Kolleginnen und Kollegen gelöst werden.
Für die Ausfuhr der Hilfsgüter wurden zum Teil bestehende Strukturen genutzt, da bereits einige deutsche Kommunen aus Eigeninitiative Spendentransporte in die Ukraine organisiert hatten. In anderen Fällen wurden kurzfristig Lösungen für die Logistik gefunden.
Dieser dezentrale Ansatz, für den sich auch insbesondere der Deutsche Städtetag stark gemacht hatte, ist neu: Hilfsgüter gelangen über die deutschen Kommunen direkter und schneller an die hilfsbedürftigen Zielgruppen in die ukrainischen Partnergemeinden. Eine Lieferung über die normalen staatlichen Strukturen und Ministerien in der Ukraine hätte längere Abstimmungs- und Verteilungsprozesse mit sich gebracht. So konnte wertvolle Zeit gewonnen werden. Wichtig in diesem Prozess ist auch die Eigentumsübertragung an die deutschen Kommunen, die mit den jeweiligen Rechtsämtern abgestimmt wurden. Denn nur so erhalten Kommunen die notwendige „Ownership“ und damit die Möglichkeit in Eigenregie Radlager, Krankenwagen oder Schulmöbel in die Ukraine transportieren zu lassen. Das vertieft auch die bestehenden Kommunalbeziehungen.
So kamen in der Stadt Mykolajiw Radlader, Rettungswagen und Transporter aus der Stadt Hannover bereits an. Auch Schwäbisch Gmünd lieferte Kommunalfahrzeuge an die ukrainischen Partner in Oboshyne. Die Stadt Schöningen hat es geschafft, zu Wintereinbruch etwa 80 Heizöfen nach Solotschiw zu transportieren. Die Stadt Münster hat ebenfalls eine erste Hilfslieferung nach Winnyzja auf den Weg gebracht - geladen sind eine mobile Küche, haltbare Lebensmittel und Geschirr. Viele weitere Lieferungen folgen alsbald, auch wenn der Transport durch den Schneefall in Polen und in der Ukraine zusätzlich erschwert wird.
Für einige Partnerschaften stellt die Zusammenarbeit den Beginn einer offiziellen Solidarpartnerschaft dar, andere teilnehmende Kommunen stärken ihre bereits bestehende Städtepartnerschaft in der Krisenzeit. So oder so, die grenzüberschreitende Solidarität funktioniert!
Und wieder einmal zeigt sich die große Stärke der Kommunen in Zeiten der Not: die Fähigkeit schnell und mit viel Menschlichkeit alle noch so hohen Hürden zu überwinden und neue, unbürokratische Wege zu finden, um damit die Not und Bedürftigkeit der Menschen über Grenzen hinweg an erste Stelle zu stellen. Hier liegt ein großes, weitgehend ungenutztes Potential - und das ist auf irgendeine Weise beruhigend in diesen von Angst und Krieg geprägten Zeiten.
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Für weitere Informationen zum Projekt und/ oder zu Beteiligungsmöglichkeiten, wenden Sie sich bitte an Frau Paulina Koschmieder paulina.koschmieder(at)giz.de .
Oder besuchen Sie folgende Webseiten:
https://skew.engagement-global.de/sonderseite-solidaritaetspartnerschaften-mit-der-ukraine.html
Cities4Cities: https://www.cities4cities.eu/LandingPage/Index?ReturnUrl=%2F