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17.06.2024

Sechs Kommunen wappnen sich gemeinsam gegen zunehmende Hitze in Städten

Seit Sommer 2023 arbeiten sechs Kommunen aus Deutschland, Kenia, Ägypten, Marokko und der Ukraine gemeinsam an Lösungen, mit denen sie ihre Bevölkerung besser vor Hitze schützen und die zunehmenden Hitzeinseln in ihren Städten reduzieren wollen.

Die Teilnehmenden des Deep Dive in Heidelberg | Foto: Philipp Rothe

Vom 3. bis 6. Juni 2024 kam die Gruppe in Heidelberg im Rahmen ihres „Connective Cities Deep Dive“ zusammen, um ihre Pilotprojekte zu konkretisieren und von den Erfahrungen anderer Städte zu lernen.

So unterschiedlich sich die sechs Städte auf zunehmende Hitze einstellen müssen, verbinden sie zwei Grundsätze, wie sich während ihres Austauschs in Heidelberg immer wieder zeigte: Wer strategisch und langfristig etwas gegen Hitze in Städten tun will, der braucht einen Plan. Das gilt für das ägyptische Assuan, wo im Sommer Temperaturen von bis zu 50 Grad herrschen, genauso wie für Lüdenscheid, das im kühleren, waldreichen Sauerland liegt. Zudem sind sie von dem Ansatz überzeugt, innovative Hitze-Lösungen zunächst in kleinen Pilotprojekten zu testen, bevor sie danach in einem größeren Rahmen implementiert werden.

Für Städte gibt es viele Wege, die negativen Effekte von Hitze für die Bevölkerung zu reduzieren: mehr Grünflächen schaffen, Schatten spendende Bäume pflanzen, Hausfassaden begrünen, Kühlungskorridore etwa durch Wasserläufe anlegen, die Bevölkerung sensibilisieren und vieles mehr. Dafür ist es zunächst wichtig zu wissen, wo sich in einer Stadt die Hitze besonders staut.

Pilotvorhaben: von neuen Bäumen bis zum Rahmenplan

Während des Workshops in Heidelberg entwickelten die Teilnehmenden Aktionspläne für ihre Strategien und Pilotvorhaben. Ihr Ziel: Bis Ende des Jahres wollen sie ihre Pilotprojekte implementiert haben. In Nairobi werden in verschiedenen Schulen die Temperaturen gemessen. Auf der Basis dieser Daten werden dann an ausgewählten Schulen Schatten spendende Obstbäume gepflanzt und die Mitarbeitenden zum Thema Hitze sensibilisiert. In Lwiw soll die Bevölkerung Vorschläge zur Schaffung und Gestaltung von Mini-Parks zur Hitzereduzierung machen, die die Stadt dann im öffentlichen Raum umsetzen will. Auch hier soll die Temperatur über einen längeren Zeitraum gemessen werden, um Daten über die Kühlungseffekte der umgesetzten Maßnahmen zu erhalten.

Um ihr langfristiges Ziel, einen Wärmeaktionsplan für ihre Städte zu entwickeln, zu erreichen, haben Lüdenscheid (Deutschland) und Assuan (Ägypten) die notwendigen Schritte identifiziert: 1) die Einrichtung einer Kernarbeitsgruppe mit den wichtigsten Abteilungen, die in den Prozess einbezogen werden sollen, und 2) die Entwicklung des allgemeinen Rahmens bzw. die Auswahl einer Zone für das Pilotprojekt. In ähnlicher Weise haben die Teilnehmer aus Mombasa einen Aktionsplan für ihr Pilotprojekt entwickelt, der darauf abzielt, die Interessenvertreter*innen und Bürger für städtische Wärmeinseln und deren Auswirkungen zu sensibilisieren und die Hotspots der städtischen Wärmeinseln in der Stadt zu kartieren.

Gastgeber Heidelberg präsentierte seine Arbeit

Daher war für sie die Vorstellung des Heidelberger Hitzeaktionsplans besonders interessant. Mit ihm will die Stadt vulnerable Bevölkerungsgruppen kurz- und langfristig vor den negativen Auswirkungen vor den zunehmenden Temperaturen in der Stadt schützen. Dr. Raino Winkler von der Stadt Heidelberg berichtete über eine Mediterranisierung des Klimas, die unter anderem mehr tropische Nächte mit sich brächte. Teil des Hitzeaktionsplans sei die Erstellung einer „Kühlen Karte“ gewesen, so Winkler. Sie weise auf der Website der Stadt kühle Orte und kostenlose Trinkwasserstellen aus. Beim Besuch der Bahnstadt in Heidelberg, einem neuen Quartier mit etwa 3.700 neuen Passivhäusern, erläuterte Winkler der Gruppe, wie dort öffentliche Plätze gestaltet und begrünt wurden, um die Hitzebelastung der Bevölkerung im Sommer zu reduzieren. Im Rahmen dieses Besuchs trafen die Teilnehmer Dr. Katrin Foshag, die das TdLab Georgraphy an der Universität Heidelberg leitet. Es wurde ein von einem Masterstudenten durchgeführtes Projekt vorgestellt, bei dem es darum geht, die Wahrnehmung der thermischen Behaglichkeit durch die Nutzer*innen öffentlicher Räume im Vergleich zu den tatsächlichen Wärmemessungen durch Sensoren zu beurteilen.

Fachlichen Input erhielten die Teilnehmenden von Prof. Dr. Jürgen P. Kropp vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), der den Deep Dive langfristig wissenschaftlich begleitet. Er machte etwa darauf aufmerksam, dass viele Wetter- und Klimadaten weltweit frei verfügbar seien. Ihre Auflösung sei zwar nicht optimal, reiche aber oft als Basis für die Entwicklung von Maßnahmen gegen Hitze und Hitzeinseln aus.

Vorteile des Deep-Dive-Prozesseses schon zur Halbzeit klar

Dieser Workshop war bereits das siebte Treffen der Gruppe und das dritte in Präsenz nach Veranstaltungen in Bonn und Lüdenscheid Ende 2023 sowie in Nairobi im März 2024. Der nächste Workshop ist für Januar 2025 in Assuan geplant. Dann geht es im letzten Schritt des Deep Dives darum, die bis dahin umgesetzten Pilotprojekte zu evaluieren, zu verbessern und zu skalieren.

Die sechs Kommunen beteiligen sich an dem fast zweijährigen Deep Dive, weil sie trotz ihrer unterschiedlichen Ausgangslagen viel voneinander lernen können. So nahmen alle Teilnehmenden in Heidelberg die Idee begeistert auf, Universitäten, die oft über umfassendere Klima- und Wetterdaten verfügen, stärker in die eigene Arbeit einzubinden und universitäre Kooperationen in diesem Themenfeld zu initiieren. Zudem zeigte sich: Wer eine kommunale Hitzestrategie entwickelt, muss nicht bei null anfangen. Es gibt viele Beispiele anderer Städte, die Inspirationen und Ideen liefern können. Und schließlich stellten die Teilnehmenden fest, dass sie alle Wege finden müssen, andere Abteilungen der Verwaltung und die Politik davon zu überzeugen, dass Maßnahmen gegen Hitze immer wichtiger werden. Die Strategien hierfür ähneln sich weltweit. Das Teilen von guten Erfahrungen an einem Ort können Fehler an einem anderen vermeiden.

An dem Deep Dive nehmen die Städte Lüdenscheid und Heidelberg sowie Assuan (Ägypten), Nairobi (Kenia), Lwiw (Ukraine) und Benguerir (Marokko) teil. Die Delegation aus Benguerir war verhindert und konnte bei der Veranstaltung in Heidelberg nicht teilnehmen.
 

Weitere Informationen:

Ausführliche Dokumentation des Treffens [pdf]

Mehr zum Deep-Dive „Heat in the City”


erstellt von:
Ayan Huseynova, Connective Cities


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