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09.07.2024

Stärkung einer risikoinformierten Stadtentwicklung in Subsahara-Afrika

Dritte Live-Veranstaltung des Lernprozesses zum Thema Hochwassermanagement

Stärkung der risikoinformierten Stadtentwicklung in afrikanischen Städten südlich der Sahara | Foto: GIZ

SADC Peer-to-Peer-Lernplattform zur Integration von Katastrophenrisikomanagement in die Stadtplanung und -entwicklungg

Der Wettlauf gegen die Zeit, um resilienzorientierte Lösungen für die hochkomplexen und existenziellen Herausforderungen des städtischen Katastrophenrisikos zu finden, wird in Afrika immer dringlicher. Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2050 90 Prozent der weltweiten Urbanisierung in Afrika und Asien stattfinden wird. Trotz des geringen Beitrags Afrikas zu den Treibhausgasemissionen ist der Kontinent nach wie vor am stärksten durch die Risiken des Klimawandels und der Klimaschwankungen gefährdet. Afrikas Städte sind mit exponentiellem Wachstum, ungeplanten Urbanisierungstendenzen und zunehmenden Anfälligkeiten konfrontiert, die die Errungenschaften der Stadtentwicklung zunichte zu machen drohen. Bis zum Jahr 2050 werden die meisten Länder der Region den Übergang zur Stadt vollzogen haben, d.h. mehr als 50 Prozent der Bevölkerung wird in städtischen Gebieten leben, die wiederum die Eckpfeiler der sozioökonomischen Entwicklung Afrikas sind (IFRI 2022). Als Knotenpunkte für Infrastruktur, Dienstleistungen, Handel und Menschen sind die Städte mit einer der größten städtischen Bedrohungen in Subsahara-Afrika (SSA) konfrontiert, nämlich Überschwemmungen, die die sozioökonomischen Entwicklungsziele des Kontinents in Frage stellen. Die Verstädterung ist wohl ein unvermeidlicher, unaufhaltsamer und dennoch positiver Trend, der jedoch das Potenzial hat, die Risiken erheblich zu erhöhen.

Um ein integriertes Katastrophenrisikomanagement (DRM) und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in multilaterale und bilaterale Programme der Entwicklungszusammenarbeit - innerhalb und über alle Sektoren hinweg - einzubinden, haben Connective Cities und die Resilience Initiative Africa (RIA) die gemeinsame Initiative zur risikoinformierten Stadtentwicklung (RIUD) ins Leben gerufen, um durch einen hybriden modularen Lernprozess einen gegenseitigen Austausch zu ermöglichen. Der Lernprozess konzentriert sich auf die Stärkung der risikoinformierten Stadtentwicklung durch die Entwicklung innovativer Lösungen für das Hochwasserrisikomanagement in städtischen Systemen in Subsahara-Afrika mit Schwerpunkt in der Region der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC).

Der Lernprozess ermöglicht den Einsatz einer agilen, barrierefreien Lern- und Austauschplattform für RIUD, die von regionalen, nationalen und lokalen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren genutzt wird. Der modulare und systemische Ansatz des Lernprozesses für RIUD umfasst Bereiche im Zusammenhang mit "nachhaltiger Stadtentwicklung" und "guter Regierungsführung", die die Bildung neuer Partnerschaften über vertikale und horizontale Skalen hinweg für die städtische/regionale Resilienz erleichtern. Durch die differenzierten, aber komplementären Partner Connective Cities und RIA ist die GIZ in der Lage, die Skalierbarkeit und den weitreichenden Transfer und die Kommunikation der Ergebnisse zu gewährleisten (z.B. RIUD SADC Publikation).

Um die Resilienz in den Städten des südlichen Afrikas zu verbessern, haben Connective Cities und RIA eine Reihe hybrider, modularer Lernprozesse (Live-Events und virtuelle Insight Sessions) entwickelt, die sich auf den kollegialen Austausch über integriertes Hochwasserrisikomanagement in der SADC als Teil von Sub-Sahara-Afrika konzentrieren.

Die Auftaktveranstaltung in Windhoek, Namibia, fand im April 2023 statt und markierte die erste Runde des Lernprozesses, indem sie Feedbackschleifen zur Entwicklung kontextspezifischer, geschlechtergerechter und klimawandelsensibler Lösungsoptionen für die Bewältigung städtischer Hochwasserrisiken in struktureller und nicht-struktureller Hinsicht schuf. Während der Auftaktveranstaltung wurde der kollegiale Austausch von ersten Themenbereichen geleitet: 1) Verständnis und Management von Hochwasserrisikotreibern, 2) Grüne Infrastruktur und naturbasierte Ansätze für risikoinformierte Lösungen und 3) Risikokommunikationsströme und Good Governance.

Die zweite Runde der Lernprozesse umfasste eine Reihe virtueller Sitzungen und eine Live-Veranstaltung, die im November 2023 in eThekwini in der Republik Südafrika stattfand. Diese Live-Veranstaltung bot den teilnehmenden Städten und internationalen Experten eine persönliche Plattform, um sich weiter auszutauschen und ihre jeweiligen Projektideen zu verfeinern, während sie sich von guten Praktiken aus der Region inspirieren ließen, einschließlich derer, die von der Stadt eThekwini vorgestellt wurden.

Während die dritte Runde der Lernprozesse noch läuft, fand vom 11. bis 13. Juni 2024 in der Stadt des SADC-Sekretariats, Gaborone, Botswana, der SADC-Regionalworkshop zum Thema "Flood Management for Risk-Informed Urban Development" statt. Das spezifische Ziel dieser Veranstaltung war es, die bankfähigen Projektvorschläge zu finalisieren, indem die Qualität und die Eignung der bisher entwickelten Vorschläge durch Experten- und Peer-Reviews verbessert wurden, während gleichzeitig die notwendigen institutionellen Vorkehrungen für eine erfolgreiche Einreichung bei Finanzierungsinstitutionen und eine mögliche Umsetzung untersucht wurden.

Vertreter von siebzehn Städten aus acht Mitgliedsstaaten aus Subsahara-Afrika mit Schwerpunkt auf der SADC-Region setzten die gemeinsame Ausarbeitung und Fertigstellung von bankfähigen Projektvorschlägen zu folgenden Themen fort:

  1. Naturbasierte Lösungen
  2. Nachhaltige städtische Entwässerungssysteme
  3. Entwicklung der Kapazitäten der lokalen Gemeinschaften

Nach der Begrüßung durch das SADC-Sekretariat, Alex Banda, den GIZ-Länderdirektor SADC/Botswana, Christoph Schmidt, den Koordinator des National Disaster Management Office - Office of the President, Moagi Baleseng, und den Vorsitzenden des Bezirksrats Tlokweng, Collen Mochotlhi, folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema "Integrativer Ansatz: Erforschung von Synergien und Komplementaritäten für eine risikobewusste Stadtentwicklung". Unter der Moderation von Sabine Drees, Vertreterin des Deutschen Städtetages, fand ein reger Austausch über Ansätze zur risikobasierten Entwicklung und deren Herausforderungen in städtischen Gebieten statt. Zu den Podiumsteilnehmern gehörten Vertreter des SADC-Sekretariats, des UN-Büros für Katastrophenvorsorge in Afrika (UNDRR), der Stadt Köln und des Tlokweng Distrikts von Gaborone.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Podiumsdiskussion:

  • Es gibt grundlegende systemische Risiken, und alle Betroffenen sollten voneinander lernen. DRM sollte nicht nur interdisziplinär, sondern auch transdisziplinär sein.
  • Menschen in verschiedenen Teilen eines Wassereinzugsgebiets sollten miteinander kommunizieren. In Europa gibt es Wassereinzugsgebiets-Risikopartnerschaften, was ein geplanter Ansatz ist. Es gibt auch internationale Partnerschaften, die sich mit Risiken in Ländern befassen, die sich Einzugsgebiete teilen.
  • Lokale Regierungen verwalten Risiken nicht allein, sondern beziehen auch lokale Geschäftsleute und andere Interessengruppen mit ein. Der öffentliche und der private Sektor sollten zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen. Kosten-Nutzen-Analysen zu Präventions- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen im Vergleich zu Katastrophen auf städtischer Ebene sollten dem Privatsektor mitgeteilt werden, um zu ermitteln, wie widerstandsfähig die privaten Investitionen sein könnten. Öffentlich-Private Partnerschaften sind für eine risikobewusste Entwicklung von großer Bedeutung.
  • Ingenieurtechnische Lösungen sollten auch naturbasierte Ansätze, gute Regierungsführung, Engagement der Gemeinschaft und indigenes Wissen einbeziehen. Es ist wichtig, einen Bottom-up-Ansatz und einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz in Betracht zu ziehen, während der Staat sein Fachwissen nutzen kann, um Lösungen auf lokaler Ebene voranzutreiben.
  • Kommunale Verbände setzen sich für die Städte ein. Die Arbeit der Städte erhält eine Stimme und wird von den Kommunalverbänden in globalen und regionalen Foren aufgegriffen.
Vertreter der Stadt stellen der Jury ihre Projekte während der Live-Veranstaltung vor. | Alle Fotos: GIZ
 

Peer-to-Peer-City-Pitch zu den Projektvorschlägen

Ein wichtiger Aspekt dieses Workshops war die Präsentation der Projektvorschläge durch die teilnehmenden Städte vor einem Gremium von Fachjuroren, die über umfangreiche Erfahrungen in den verschiedenen Themenbereichen der risikobasierten Stadtentwicklung verfügen.  Ziel der von den Städten durchgeführten Pitches war es, ein kritisches Feedback zu den im Rahmen des einjährigen Lernprozesses entwickelten Vorschlägen zu erhalten und den Vertreter*innen der Städte zu zeigen, ob technische Überlegungen angestellt werden müssen oder wie sie ihre Vorschläge besser in Richtung Finanzierung und Umsetzung lenken können. Während des Workshops haben neun Städte ihre Vorschläge zu den Themen naturbasierte Lösungen, nachhaltige Stadtentwässerungssysteme und Entwicklung der kommunalen Kapazitäten vorgestellt. Die Städte, die ihre Vorschläge vorstellten, waren folgende:

  1. Dar es Salaam (TZ) - Verbesserung der Hochwasserresistenz der Stadt Dar es Salaam durch naturbasierte Lösungen: Zingiziwa Forest Pilotstudie
  2. eThekwini (ZA) - Hochwasserschutzleitlinien für eine risikobewusste Stadtentwicklung
  3. Tlokweng/Gaborone (BW) - Masterplan für die Stadtentwässerung und stufenweise Umsetzung für die Planung und den Bau eines Masterplans für die Regenwasserentwässerung von Gaborone/Tlokweng
  4. Garowe (SO) - Naturbasierte Lösungen für die Ableitung von Regenwasser
  5. Lusaka (ZM) - Durchführbarkeitsstudie zur Wiederherstellung von Feuchtgebieten
  6. Maputo (MZ) - Förderung des Aufbaus widerstandsfähiger Infrastrukturen zur Verbesserung der Entwässerung und Stabilisierung des Regenwassers im Bezirk KaMavota
  7. Polokwane (ZA) - Naturbasierte Lösungen für das Hochwasserrisikomanagement oder die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel in der Stadt Polokwane:
  8. Marienthal (NA) - Entwicklung und Umsetzung eines integrierten Entwässerungssystems in Mariental
  9. Windhoek (NA) - Hochwasserrisikomanagement in der Stadt Windhoek
Vertreter*innen der Stadt stellen der Jury ihre Projekte während der Live-Veranstaltung vor. | Alle Fotos: GIZ


Wichtige Erkenntnisse über die Rolle von Kommunalverbänden für RIUD in der SADC-Region

Vertreter von UNDRR, SADC, ICLEI, GIZ und dem Deutschen Städtetag berieten in einer parallelen Sitzung über die mögliche Rolle von Kommunalverbänden bei der weiteren Einführung des RIUD-Ansatzes in der SADC-Region. Die Ergebnisse der offenen Diskussion wurden am letzten Tag der Veranstaltung vorgestellt, wobei die folgenden Punkte im Vordergrund standen:

  • Die Rolle der kommunalen Verbände für RIUD wurde als wichtig anerkannt, insbesondere an der Schnittstelle zwischen lokalen Regierungen/Gemeinden und regionalen und globalen Foren sowie mit den nationalen Handelskammern.
  • Gemeindeverbände in den SADC-Mitgliedstaaten könnten die Bedeutung grenzüberschreitender Ansätze für die regionale Integration erhöhen.
  • Während die Entwicklung einer SADC-Strategie für RIUD und Kommunalverwaltungen den Rahmen setzen und einen potenziellen regionalen Gemeindeverband ermöglichen könnte, könnte die Gründung von Gemeindeverbänden in den SADC-Mitgliedstaaten sowie die Stärkung der bestehenden und in den meisten Fällen auch von den Mitgliedstaaten und ihren städtischen Mitgliedern in der SADC finanzierten Verbände gefördert werden. Dies kann z.B. durch einen kollegialen Austausch erreicht werden, der dazu beiträgt, eine Reihe von Business Cases für RIUD- und DRM-Ansätze in städtischen Systemen zu entwickeln.
  • Die Einrichtung einer "rotierenden kollegialen Lern- und Austauschplattform" oder einer "Resilienz-Drehscheibe" oder eines "SADC-Forums für RIUD", an dem auch kommunale Verbände beteiligt sind, die Ressourcen bereitstellen können, könnte die Fortführung und Nachhaltigkeit der regionalen Bestrebungen in Richtung einer Mehrebenen-Governance, Integration und Resilienzbildung auf kommunaler Ebene erleichtern.

Parallel zu den Peer-to-Peer-Austauschsitzungen zu den bankfähigen Projektvorschlägen erleichterte die Live-Veranstaltung den Aufbau einer Community of Practice, die in der Lage ist, auch Multi-Akteurs-, Multi-Ebenen- und sektorübergreifende Interdependenzen für die Kohärenz der Agenda zu thematisieren (d.h. Sendai Framework for Disaster Risk Reduction 2015 2030 (S.22 VI., §47); Pariser Abkommen (Art. 7, §1; Art. 8 §4; Art 7 §7); Agenda 2030, SDGs: 9; Ziel 9.1; 11, Ziel 11.5; 13); New Urban Agenda Habitat III (Punkt 77 &101)).

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The peer-to-peer learning and exchange sessions taking place. | All photos: GIZ


Exkursion

Am letzten Tag der Live-Veranstaltung unternahmen die Teilnehmenden mit freundlicher Genehmigung der Bezirke Gaborone und Tlokweng eine geführte Exkursion. In Tlokweng, einem der besuchten Orte, liegt die Hauptursache für Überschwemmungen in einem unzureichenden Regenwasserabflusssystem. Das Fehlen eines angemessenen Abwassersystems führt zu erheblichen Beeinträchtigungen für die Bewohner*innen, einschließlich derjenigen, die zur Schule und zur Arbeit pendeln. Der zweite Standort war der Segoditshane-Fluss, der durch die Stadt Gaborone fließt und ein gutes Beispiel dafür ist, wie Entwicklungsentscheidungen Risiken schaffen und verschlimmern können, die nicht nur die lokale Bevölkerung, sondern auch andere wichtige Infrastrukturen betreffen. Der letzte Exkursionsort war Old Naledi, das zunächst als informelle Siedlung entstand, nachdem Gaborone zur Hauptstadt von Botsuana erklärt worden war. In den 70er Jahren wurde das Gebiet als formelle Siedlung anerkannt und die Bewohner*innen erhielten schließlich Wohnsitzbescheinigungen. Old Naledi hat trotz seiner Einzigartigkeit als formelle Siedlung weiterhin mit den Herausforderungen einer informellen Siedlung zu kämpfen.

 

Geführte Exkursion| Alle Fotos: GIZ

 

Nächste Schritte

Der Bürgermeister der Stadt Gaborone, Austin Abraham, schloss den Workshop mit der folgenden Setswaan-Sprache: "kgetsi ya tsie e kgonwa ke go tshwaraganelwa", was frei übersetzt so viel bedeutet wie "Gemeinsam können wir alle Hürden überwinden". Diese Redewendung beschreibt den einjährigen Lernprozess, der in Subsahara-Afrika durchgeführt wurde und bei dem städtische Fachleute aus 29 Städten in 14 Ländern zusammenkamen, um darüber zu diskutieren, wie man besser mit Überschwemmungen umgehen und eine widerstandsfähige Entwicklung gewährleisten kann. Darüber hinaus wurde auch die Rolle der nicht-städtischen Akteure bei den Vorschlägen und der Kapazitätsentwicklung der städtischen Fachleute während dieses einjährigen Lernprozesses anerkannt.

Im Hinblick auf die Zukunft dieser gemeinsamen RUID-Initiative und um die etablierte Praxisgemeinschaft weiter auszubauen, beschlossen/besprachen die Teilnehmenden außerdem, gemeinsam die Ausarbeitung von Leitlinien für eine risikoinformierte Stadtentwicklung zu unterstützen, die Aspekte wie nachhaltige Stadtentwässerungssysteme, naturbasierte Lösungen und die Entwicklung von Kapazitäten auf lokaler Ebene umfassen werden.

 Dank des konstruktiven Feedbacks, das die verschiedenen Akteure bei den Live-Events in Windhoek (NA), eThekwini (ZA) und Gaborone (BW) gegeben haben, können die Vertreterinnen und Vertreter der Städte nun ihre Projektkonzepte in bankfähige Projektvorschläge umwandeln, die von Durchführungs- und Finanzierungseinrichtungen übernommen werden können.

Die virtuellen Sessions mit dem Ziel, die Kapazitäten der städtischen Praktiker zu erweitern, werden weiterhin stattfinden, wobei viele verschiedene Beiträge unter dem Dach der risikobasierten Stadtentwicklung geplant sind.

 Kontakt: Karl-Heinz Gaudry, Ricarda Meissner


erstellt von:
Jimmy Yoedsel, Connective Cities


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