Weltweit gibt es immer mehr soziale Unternehmer*innen, die ihre Geschäftstätigkeit mit einem am Gemeinwohl orientierten Engagement verbinden – sei es zum Klima- oder Umweltschutz, zur gesellschaftlichen Teilhabe oder zur Reduzierung von Armut.
Für Kommunen hat diese recht neue Zielgruppe der lokalen Wirtschaftsförderung viel Potenzial, um zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Doch viele Städte, Gemeinden und Landkreise stehen bei der Förderung von sozialem Unternehmertum noch ganz am Anfang. Kampala in Uganda, Karlsruhe im Südwesten Deutschlands und das französische Straßburg haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam das soziale Unternehmertum in ihren Städten voranzubringen und die Unternehmer*innen miteinander zu vernetzen.
„Ich sehe viel Potenzial zur Zusammenarbeit“, sagt Khasalamwa Lucia von der Kampala Capital City Authority (KCCA). Die Vertreter*innen aus den drei Städten haben erkannt, dass die Herausforderungen für Sozialunternehmen in Kampala, Karlsruhe und Straßburg – trotz aller sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede – sehr ähnlich sind: Es fehlen für die (potenziellen) Unternehmer*innen bedarfsgerechte Schulungen, Mentoring-Programme, Möglichkeiten zum Austausch sowie Startfinanzierungen. Auch die politischen Rahmenbedingungen wie Steuererleichterungen und geeignete Rechtsformen für die Unternehmen sind noch nicht ausgereift.
Die Städte Karlsruhe und Kampala kannten sich bereits gut durch ihre seit 2019 bestehende kommunale Klimapartnerschaft, als sie im September 2021 an einer virtuellen Dialogveranstaltung von Connective Cities und der Stadt Kiel zu sozialem Unternehmertum teilnahmen. Auch Straßburg war bei der Veranstaltung dabei und traf ebenso auf Bekannte aus Kampala, denn beide Städte unterhalten enge kommunale Beziehungen und arbeiten etwa im Projekt „Building Sustainable, Learning and Inclusive Cities – Kampala and Strasbourg“ (SLICKS) besonders zur urbanen Landwirtschaft zusammen – ein Thema, das auch viel Potenzial für soziales Unternehmertum bietet.
Bei der Connective Cities Dialogveranstaltung hatte die KCCA ihr Projekt zur Förderung von Sozialunternehmen vorgestellt. Der Ansatz der Hauptstadt Ugandas: Junge Unternehmen sollen gefördert werden, damit sie zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Zudem soll eine Gründung im Sozialbereich jungen Menschen berufliche Perspektiven bieten, denn die Jugendarbeitslosigkeit in der Stadt liegt bei etwa 30 Prozent und die lokale Wirtschaft kann die Arbeitssuchenden nicht absorbieren. Zu den Aktivitäten der KCCA gehören unter anderem Schulungen und Beratungen in den Fortbildungsstätten des Arbeitsamtes in Kampala sowie Berufsausbildungen und Praktika im Kabalagala One Stop Youth Center, mit denen bislang fast 12.000 junge Menschen unterstützt werden konnten.
Von Connective Cities unterstützt entwarfen Vertreter*innen aus Kampala, Karlsruhe und Straßburg die Idee, eine trilaterale Online-Plattform für den Informationsaustausch, die Markterweiterung und den Kapazitätsaufbau im Bereich des sozialen Unternehmertums aufzubauen. Es entstand der Plan, in die Plattform ein gemeinsames Schulungsprogramm zu integrieren, das sich unter anderem dem Schreiben von Business-Plänen, klassischen unternehmerischen Fähigkeiten wie Buchführung sowie Wirkungsmessung widmet. Zudem sollten Tipps für die Akquise von Startfinanzierungen gegeben werden. Die Plattform soll es aktuellen und künftigen Sozialunternehmern ermöglichen, voneinander zu lernen, Wissen zu teilen sowie sich interkulturell auszutauschen.
Eine Delegation aus Karlsruhe reiste im Juli 2022 nach Kampala, um dort gemeinsam die Förderung von Sozialunternehmer*innen zu erörtern und Kooperationsmöglichkeiten zu konkretisieren. Mit dabei waren unter anderem Lara Prolingheuer von der Wirtschaftsförderung der Stadt Karlsruhe sowie Maria Fritz vom Impact Hub Karlsruhe, einer Genossenschaft, die nachhaltige Innovation und Sozialunternehmertum fördert und damit Ökosysteme für besseres Wirtschaften stärken will. In Kampala trafen sie unter anderem Vertreter*innen der KCCA sowie Manon Obarowski, die in Kampala die Stadt Strasbourg vertrat und dort das Städtepartnerschaftsprojekt SLICKS zur urbanen Landwirtschaft, Bildung und Grünflächenmanagement betreut.
Bei Meetings mit über 20 Sozialunternehmer*innen aus Kampala und mit anderen relevanten Akteursgruppen stellte die Gruppe am Ende der Delegationsreise fest, wie wichtig es sei,
Ansatzpunkt für weitere Kooperation ist, dass die Partner ähnliche Herausforderungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Digitalisierung teilen, die sich sehr gut für das Engagement von Sozialunternehmern eignen. Auch die urbane Landwirtschaft, zu der Kampala und Straßburg zusammenarbeiten, stellte sich als gemeinsames Interesse heraus.
Ebenso lässt sich bezüglich der kreativen Bereiche weiter zusammenarbeiten. Viele soziale Unternehmer*innen zeigten großes Interesse, Unterstützung beim Zugang zu den Märkten in den jeweils anderen teilnehmenden Städten zu bekommen, etwa für ihre kunsthandwerklichen Produkte.
Kampala, Karlsruhe und Straßburg begannen, ein detailliertes Konzept für die angedachte Austausch-Plattform zu entwickeln. Diese Arbeit setzten Kampala und Karlsruhe knapp sechs Monate später bei einem Online-Workshop am 29. November 2022 fort, den die Wirtschaftsförderung Karlsruhe als Start der grenzüberschreitenden Vernetzung auch von Sozialunternehmer*innen organisiert hatte. Diese besiegelten ihren Kooperationswillen im Anschluss mit einer gemeinsamen Erklärung.
Doch nicht nur auf der Arbeitsebene wirkte dieses trilaterale Kick-off-Event nach. Auch bis hin zu Bürgermeister*innen und dem oberen Kommunalmanagement weckten die Ergebnisse der Veranstaltungen den Wunsch nach einer intensiveren Kooperation.
Die Partner*innen in den drei Städten nutzen die Erfahrungen ihrer Kolleg*innen für die Förderung ihrer jeweiligen Ökosysteme für Sozialunternehmertum. So tat sich die KCCA mit lokalen Sozialunternehmer*innen zusammen, um deren für die Stadtgesellschaft gewinnbringenden Aktivitäten sichtbarer zu machen. Die Idee aus Kampala, einen Preis für Sozialunternehmer*innen auszurufen, und das Konzept für das umfassende Schulungsangebot der KCCA sind auch für Karlsruhe und Straßburg interessant.
Zudem wurde den Beteiligten durch den Austausch bewusster, wie wichtig eine aktive Kommunikation der Kommune mit (potenziellen) Sozialunternehmer*innen ist. Die KCCA griff diese Anregung auf und stellte bei einer Veranstaltung der Organisation „Start Hub Africa“ seine Aktivitäten vor.
Bei all ihren Aktivitäten ließen die Beteiligten nie aus den Augen, dass sie zwar dieselben Zielgruppen, aber unterschiedliche Strategien haben. So ist in Kampala etwa die KCCA federführend in der Kooperation, während sich in Karlsruhe die Wirtschaftsförderung eher als Initiatorin, Unterstützerin und Koordinatorin des Projekts sieht. Für die Umsetzung der konkreten Aktivitäten seien auch andere Stakeholder wie das Impact Hub Karlsruhe gefragt, eine aktive Rolle bei der Entwicklung des grenzüberschreitenden Inkubationsprogramms zu spielen.
Kürzlich startete in Kampala ein kompakter MBA-Kurs zu sozialem Unternehmertum für Interessierte aus ganz Afrika. Dieser Kurs soll dem von den drei Städten anvisierten Trainingskurs als Benchmark dienen. Geplant ist, auf diesen Erfahrungen basierend ein gemeinsames Curriculum für die drei Städte zu entwickeln.
Das Konzept für die internetbasierte Austauschplattform, in die der Kurs integriert werden soll, steht bereits. Was noch fehlt, sind aktuell die Mittel für deren Implementierung und Betrieb.
„Wir sind erst am Anfang und inspiriert von dem, was Kampala Sozialunternehmer*innen bietet, zum Beispiel umfassende Schulungen und Coachings.“
Jolly Khasalamwa, Kampala Capital City Authority (KCCA)