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12.08.2024

La Union in Costa Rica: wertvolle Inspirationen zur Reduzierung von Plastikmüll

Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums Teil III zu den Aktivitäten und Wirkungen von Connective Cities

Bei der Dialogveranstaltung in Hamburg stellte Katherine Quirós vom Umweltamt der Stadt La Union in Costa Rica ihre Projektidee vor. | Foto: Connective Cities

La Union ist bekannt dafür, sich für eine grünere Zukunft einzusetzen. Mit ihrem Engagement gegen die Nutzung von Einwegplastik bietet die Stadt ein inspirierendes Beispiel für andere Kommunen.

Plastikmüll verschmutzt die Umwelt fast überall auf der Welt – im süddeutschen Augsburg, in Irbid in Jordanien ähnlich wie im äthiopischen Hawassa oder in Kandy in Sri Lanka. Auch die Strategien zur Reduzierung der Plastikflut ähneln sich weltweit. Die Stadtverwaltung von La Union in Costa Rica fand, dass es sich daher lohnt, sich mit anderen Kommunen international zu diesem Thema auszutauschen. Nachdem sie 2018 ein Projekt zur Reduzierung von Plastikmüll gestartet hatte, kam 2019 die Einladung zur Dialogveranstaltung von Connective Cities „Plastikabfälle – der Beitrag kommunaler Abfallwirtschaft zur Lösung des Problems“ in Hamburg gerade recht: Die Stadt teilte ihren erfolgreichen Ansatz zur Sensibilisierung der Bevölkerung und des Einzelhandels mit anderen Kommunen und profitierte im Gegenzug von deren Wissen und Erkenntnissen – selbst in unerwarteten Bereichen wie dem Management organischer Abfälle.

Der Ansatz von La Union: Menschen sensibilisieren

Will man Plastikmüll reduzieren, kann man an vielen Stellen ansetzen, wie bei der Dialogveranstaltung deutlich wurde: die Müllsammlung und -trennung auf Haushaltsebene verbessern, Recycling-Zentren bauen, Sortieranlagen optimieren oder die Bevölkerung und Wirtschaft zur Reduzierung von Plastikmüll sensibilisieren. Auf Letzteres setzt die Kommune La Union schon seit 2018 mit ihrem „Plan zur Reduzierung von Einweg-Plastik“. Dieser sieht vor, das Plastik durch Mehrweg-Verpackungen oder kompostierbare Lösungen zu ersetzen. Der Fokus der Kommune liegt auf dem Einzelhandel, der Gastronomie und den Konsument*innen.

Dass dieser Ansatz von La Union richtig ist, bestätigte das Fazit der Dialogveranstaltung, an der 13 Kommunen aus neun Ländern teilnahmen: Zwar könne man auch minderwertige Plastiksorten recyceln und damit Mülldeponien entlasten, aber die Vermeidung von Kunststoffabfällen bleibe weiterhin die beste Option. Die Teilnehmenden stellten in Hamburg fest: „Kunststoffabfälle sind in erster Linie eine soziale Herausforderung. Die Änderung des Verhaltens von Verbraucher*innen und Produzent*innen ist entscheidend.“

Die Projektidee: Ein Aufkleber weist den Weg

Wie bei jeder Dialogveranstaltung von Connective Cities entwickelten auch in Hamburg die Teilnehmenden Projektideen, die sie nach der Veranstaltung umsetzen wollten. Im Austausch insbesondere mit Vertreter*innen aus Rostock und Augsburg beschloss La Union, aus seinem Plan die Idee nicht-fiskalischer Anreize aufzugreifen und ein Programm zur Zertifizierung von Geschäften und Restaurants aufzulegen, das nachhaltige Praktiken und insbesondere die Reduzierung von Plastikabfällen auszeichnet. Durch die Zertifizierung sollen Unternehmen motiviert werden, auf Einweg-Plastikprodukte zu verzichten.

Heute, etwa vier Jahre nach der Dialogveranstaltung, blickt Katherine Quirós, Mitarbeiterin des Umweltamts bei der Stadtverwaltung La Union stolz auf das Erreichte zurück. Inzwischen wurden 30 Geschäfte und Restaurants und neun Obst- und Gemüsehändler in der Stadt für ihre umweltfreundlichen Praktiken ausgezeichnet. Dazu gehört, dass sie statt Plastiktüten Stoffbeutel anbieten, Getränke ohne Plastikstrohhalme ausgeben, Müll für das Recycling separat sammeln und aus ihren organischen Abfälle Kompost gewonnen wird. Erkennbar ist die Auszeichnung anhand eines Aufklebers, der an Schaufenstern oder Eingängen angebracht ist.

Verzahnung mit weiteren Umweltthemen

Zudem setzt La Union auf Umweltbildung, um Plastikabfälle zu reduzieren. Dafür hat sie das Thema in ihr Umweltbildungsprogramm „Kommunale Schule für Wasser und Umwelt“ eingebunden. Es sei wichtig, dass Kinder und Jugendliche ein umfassendes Bild der Herausforderungen für die Umwelt erhalten und gleichzeitig Handlungsoptionen kennenlernen, sagt Katherine Quirós. Mit diesem integrierten Ansatz haben inzwischen schon viele Schülerinnen und Schüler an Workshops und Exkursionen teilgenommen.


Ein weiteres Element der Strategie von La Union war die plakative PR-Kampagne „Garbage Island“:  Mitten in der Stadt wurde eine kleine Strandinsel aufgebaut. Urlaubsfeeling pur, wenn da nicht der viele Plastikmüll im Sand liegen würde. Im Hintergrund befindet sich ein großer Aufsteller, auf dem steht: „Wir wurden geboren, um die Natur zu schützen“. Ein klarer Auftrag, den die Bevölkerung von La Union annimmt.

Import innovativer Ideen

Katherine Quirós hatte nicht damit gerechnet, dass die überraschendste Erkenntnis, die sie von der Dialogveranstaltung mit nach Hause nahm, ein ganz anderes Thema betraf: Müllwerker*innen, die den Müll abtransportieren, erhalten in Costa Rica nur geringe Wertschätzung. In Hamburg nahm Katherine Quirós dies ganz anderes wahr: „Ich war sehr beeindruckt, welch hohen Stellenwert das Personal bei der Hamburger Stadtreinigung genießt. Müllsammlung wird dort als Beruf geschätzt und das Unternehmen kümmert sich um die Gesundheit dieser Berufsgruppe. Das Beispiel aus Hamburg hat mich motiviert, mich seither für bessere Arbeitsbedingungen und für eine höhere Wertschätzung der Müllwerker*innen von La Union einzusetzen.“

Zudem erhielt die Stadtverwaltung neue Anregungen zur Verbesserung der Kompostierung organischer Abfälle. Diese landeten häufig auf der Mülldeponie, wodurch wichtige Ressourcen verloren gehen. Die Stadtverwaltung von La Union plant daher ein Pilotprojekt mit einem Fokus auf Privathaushalten. Diese sollen von der Kommune kostenfrei Plastikcontainer erhalten, in denen organische Abfälle gesammelt werden und die vor der Haustür geleert werden. Das Projekt enthält Schulungen, um die Bevölkerung für Themen des Abfallmanagements zu sensibilisieren und sie zum Mitmachen unter anderem beim Mülltrennen zu motivieren. Wie bei den organischen Abfällen aus dem Einzelhandel und der Gastronomie soll auch der hier gewonnene Kompost auf öffentlichen Grünflächen genutzt werden. Aktuell sammelt La Union bereits 2,5 Tonnen organische Abfälle pro Woche, also über 10 Tonnen pro Monat. Die Stadtverwaltung erwartet, dass diese Mengen durch das Pilotprojekt und die Einbindung weiterer Einzelhändler*innen deutlich erhöht werden kann.

Eine weitere Idee der ostafrikanischen Teilnehmenden an der Dialogveranstaltung ließ Katherine Quirós nicht los: Den Ansatz, aus Plastikmüll kunsthandwerklich Schmuck herzustellen, fand sie im Sinne einer kreativen Kreislaufwirtschaft und als Möglichkeit, Einkommen zu generieren, sehr interessant. Letzteres hat sich im Bewusstsein bei der Stadtverwaltung von La Union festgesetzt und wird bestimmt bald Früchte tragen – so wie viele der gemeinsam entwickelten Projektideen: inspiriert von einer möglicherweise Tausende Kilometer entfernten Kommune und lokal umgesetzt. Ganz im Sinne der internationalen Connective Cities Lernprozesse.


Wie La Union vom Fachaustausch profitiert
  • Austausch mit anderen Kommunen zu Plastikabfällen und Abfallmanagement
  • Erweiterung des eigenen Ansatzes zur Sensibilisierung der Bevölkerung und des Einzelhandels
  • Anregungen für ein Umwelt-Zertifizierungsprogramm
  • Optimierung der Kompostierung von organischen Abfällen
     

„Die Teilnahme an der Dialogveranstaltung hat unsere Arbeit stark beeinflusst. Wir haben viele neue Eindrücke gewonnen und viel Neues über das Management von festen Abfällen erfahren.“
Katherine Quirós


erstellt von:
Connective Cities


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