Mietshäuser Syndikat Deutschland

Mit Crowdfunding und Solidarbeiträgen zu sozialverträglichen Mieten

Übersicht

Viele deutsche Städte und Ballungsräume leiden zunehmend unter steigenden Mieten – für viele Menschen wird Wohnen zu einem Luxusgut. Während die Politik auf Mietpreisbremsen setzt, gewinnen alternative Wohn- und Hausprojekte wie das Mietshäuser Syndikat, das seit Jahren bundesweit agiert, stetig an Bedeutung – auch Kommunen können von den Lösungsansätzen profitieren.

Hintergrund

Das Mietshäuser Syndikat ist eine Beteiligungsgesellschaft zum gemeinschaftlichen Erwerb von Häusern. Es wurde 1989 von ehemaligen Hausbesetzern in Freiburg gegründet. Im Vordergrund steht der Wunsch, Personen zu unterstützen, die im Kollektiv selbstbestimmt und dauerhaft zu sozial verträglichen Mieten leben wollen – in eigenen selbstverwalteten Häusern, unabhängig von Mieterhöhungen, Abrissvorhaben oder Umnutzungsplänen der Vermieter.

Im Zuge des ersten Bauprojekts auf dem ehemaligen Gelände einer Gießerei in Freiburg begannen die (späteren) Gründungsmitglieder des Netzwerks, Geld in ihrem privaten Umfeld zu günstigen Zinsen zu leihen. Die Idee des Direktkredits zur Deckung von Finanzierungslücken und für notwendige Eigenkapitalanteile zur Realisierung von autonomen Hausprojekten war geboren. Gleichzeitig bilden sie die Basis, um Mietkosten dauerhaft niedrig zu halten. Später kam ein Solidarbeitrag als weiteres Unterstützungsinstrument hinzu.

Ziele

Ziel des Mietshäuser Syndikats ist es, Gruppen, die nur über ein geringes Einkommen und über wenig bis kein Vermögen verfügen, bei dem Kauf von Häusern zu unterstützen – finanziell, organisatorisch und planerisch. Die Umsetzung der Bauprojekte erfolgt unter besonderer Berücksichtigung soziologischer, städtebaulicher sowie ökologisch nachhaltiger Erkenntnisse und Ansätze.

Aktivitäten

In einzelnen Projekten wie in Mannheim oder Leipzig bindet das Syndikat bei seinen Vorhaben zunehmend auch Kommunen ein. Dabei geht es darum, Verwaltung und Politik bei der Suche nach geeigneten Objekten oder bei der Konversion von größeren Geländen als Partner zu gewinnen und ihnen eine Alternative zum Verkauf städtischer Immobilien und Grundstücke auf dem freien Markt zu bieten. Das Syndikat strebt stattdessen Erbbauverträge an und setzt sich für den Ausbau städtischer Konzeptvergaben mit wohnungspolitischen Vorgaben ein. Um auch zukünftig von den Vorteilen günstiger Kredite profitieren zu können, möchte das Syndikat innovative Modelle zur alternativen Finanzierung von Wohnprojekten – beispielsweise auf Grundlage revolvierender Fonds für die Vorfinanzierung – auch in Zusammenarbeit mit Kommunen weiter vorantreiben.

Wirkungen

Der Verbund des Mietshäuser Syndikats umfasst 94 Hausprojekte und 25 Projektinitiativen bundesweit. Das Syndikat bildet das Bindeglied und übernimmt mit einem Vetorecht die Rolle des Kontrollorgans. Ohne Zustimmung des Syndikats können Hausprojekte nicht verkauft werden oder einzelne Wohnungen in Eigentum verwandelt werden. Beide Gesellschafter (Syndikat und Hausverein) besitzen jeweils eine Stimme. Über alle anderen Bereiche wie zum Beispiel Umbau, Sanierung oder Nutzung entscheiden die Bewohner eines jeden Hausprojekts autonom.

Jedes Hausprojekt ist rechtlich selbstständig mit einem eigenen Unternehmen (GmbH). Für jede neue Hausbesitz-GmbH stellt das Syndikat einen Kapitalanteil von 12.400 Euro, der durch die Mitgliedsbeiträge des Vereins Mietshäuser Syndikat generiert wird. Der Anteil des jeweiligen Hausvereins beträgt 12.600 Euro. Zusammen bilden die Beträge das sogenannte Stammkapital der einzelnen GmbHs.

Ähnlich dem Prinzip der Genossenschaften zahlen die Mitglieder des Vereins Mietshäuser Syndikat zu Beginn eine einmalige Einlage von 250 Euro (oder mehr). Die Hausvereine sind ebenfalls Mitglieder des Vereins. Die Einlagen werden nicht verzinst, sind jedoch bei Kündigung rückzahlbar. Ende 2013 betrugen die Einlagen insgesamt 338.000 Euro.

Das Stammkapital von 25.000 Euro wird für den geplanten Hauskauf verwendet. Das restliche Kapital wird – zumindest zum Teil – per Crowdfunding über Direktkredite von Unterstützern aus dem Umfeld der jeweiligen Hausprojekte finanziert. Dabei handelt es sich oft um Freunde und Verwandte oder aber um Personen, die die jeweilige Hausidee aktiv unterstützen möchten. Zunehmend werden auch soziale Medien zur Werbung und zur Finanzierung genutzt. In den meisten Fällen kommen auf diese Weise bis zu 40 Prozent der Kaufsumme zusammen. Fehlende Beträge werden über zinsgünstige Bankkredite abgedeckt.

Die Ersparnisse werden direkt bei der Hausbesitz-GmbH auf Grundlage eines rechtlich gültigen Darlehensvertrages zwischen Kreditgeber und -nehmer angelegt. Die zinsgünstigen Direktkredite helfen, Finanzierungslücken zu schließen und garantieren den Bewohnern dauerhaft niedrige Mieten. Diese errechnen sich aus den Kosten der Tilgungsraten und Zinsen. Da diese im Laufe der Jahre sinken, werden entstehende Überschüsse etablierter Projekte dazu genutzt, neue Initiativen mit anzuschieben. Eine weitere Säule des Syndikats ergibt sich aus den Solidarbeiträgen, die von jedem Hausprojekt geleistet werden. Pro Quadratmeter Nutzfläche werden monatlich 10 Cent in einen Fonds gezahlt. Die Mittel werden beispielsweise für Infrastrukturmaßnahmen, Beratungs- und Anlaufkosten und für spätere Renovierungsarbeiten verwendet oder bei Finanzierungslücken neuer Projekte als Kredite gewährt.

Fazit

Kommunen stehen bei der Vermarktung eigener Flächen vor einer schwierigen Entscheidung. Sie können einerseits den höchsten Verkaufspreis anstreben – engen damit jedoch möglicherweise den Gestaltungsspielraum etwa in Bezug auf die soziale und kulturelle Ausgewogenheit beispielsweise in den neu entstehenden Quartieren ein. Alternativen dazu bieten verschiedene Wohn- und Hausprojekte wie das Mietshäuser Syndikat, die seit einigen Jahren erheblich an Aufmerksamkeit gewinnen – und auch in anderen EU-Staaten wie Österreich oder Spanien Beachtung finden. Sie nutzen alternative Finanzierungsinstrumente wie Crowdfunding, Direktkredite und Solidarbeiträge. Das primäre Ziel solcher Projekte, Wohnraum zu sozialverträglichen Kosten bereitzustellen, deckt sich mit dem Interesse kommunaler Entscheider – ebenso wie die Prinzipien der kulturellen Vielfalt, Beteiligung der Bewohner an Beschlüssen und Umweltverträglichkeit. Ein typisches Beispiel sind Mehrgenerationenhäuser, die zudem eine Antwort auf die zunehmend drängende Frage des demographischen Wandels bieten. Die Wohnprojekte können sich langfristig für die Kommunen bezahlt machen. Belastet doch eine sozial unausgewogene Stadtplanung, die etwa hohe Kriminalitätsraten in Brennpunkten zur Folge hat, die kommunalen Budgets beträchtlich.

weitere Information

www.syndikat.org/de/

www.mannheim.de/buerger-sein/neue-wege

 

Stand: 11.06.2015

Kontakt

Mietshäuser Syndikat

Adlerstr. 12
79098 Freiburg
T +49 (0)761 281892
info(at)syndikat.org

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Kategorien: Integrierte Stadtentwicklung Partizipation und Stadtplanung Soziale Stadt
Regionen: Europa Deutschland

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