Wie Gesundheitsämter in Deutschland schnell auf die COVID-19-Krise reagierten

...trotz Personalmangel und unzureichende digitale Infrastruktur

Übersicht

Die COVID-19-Pandemie ist für deutsche Gesundheitsämter eine enorme Herausforderung. Viele reagierten zu Beginn der Pandemie schnell und reorganisierten ihre Arbeitsabläufe aber fehlendes Personal und mangelhafte digitale Infrastruktur erschwerten die Arbeit.

Hintergrund

Die über 400 Gesundheitsämter in Deutschland erhielten bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie wenig politische und öffentliche Beachtung. Dabei sind ihre Aufgaben zentral für die Gesundheit der Bevölkerung und reichen von Einschulungsunter­suchungen über die Beratung zur Familienplanung bis hin zum Infektionsschutz. Die Gesundheitsämter sind dafür verantwortlich, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern, indem sie Ausbrüche schnell erkennen, Infektionsketten nachverfolgen und somit ihre weitere Verbreitung eindämmen.

Dementsprechend sind die Aufgaben im Rahmen der COVID-19-Pandemie für die Gesundheitsämter nichts Neues. Neu ist allerdings die Dimension des Infektionsgeschehens. Das aktuell größte Problem dabei: Vielen Gesundheitsämtern fehlte schon vor der Pandemie Personal und ihre digitale Infrastruktur ist veraltet.

Ziele

Alle Gesundheitsämter in Deutschland müssen maßgeblich zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie beitragen. Dazu gehörten, neben der Beratung von Infizierten und des Managements von Auswertung und Weitergabe von Testergebnissen auch die Entscheidung über die Quarantäneverpflichtungen einzelner Personen und übergeordnete Aufgaben wie die Umsetzung von Test- und Impfstrategien sowie das Erarbeiten von Hygienekonzepten. Auch das Errichten von Test- und Impfzentren und das Veranlassen von Schließungen bestimmter kritischer Einrichtungen wie etwa von Kinos und Sporthallen fällt in den Aufgabenbereich von Gesundheitsämtern.

Aktivitäten

Im März 2020 richtete beispielsweise ein Berliner Gesundheitsamt einen Krisenstab ein und strukturierte das Amt kurzfristig um. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begannen, sieben Tage die Woche in Schichten in Teams zu arbeiten. Jedes Team war für ein bestimmtes Thema wie das Diagnosemanagement oder die Kontaktnachverfolgung zuständig.

Personell erhielt das Amt während des Lockdowns im Frühjahr 2020 Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen wie der Stadtbücherei oder dem Standesamt, bei denen aufgrund der Schließung ihrer Bereiche für den Publikumsverkehr, zeitliche Ressourcen frei waren. Zudem wurden kurzfristig Studentinnen und Studenten der Medizin als Aushilfen eingestellt. Mittels kurzfristig konzipierter Kurse konnten die Unterstützer schnell eingearbeitet werde.

Wirkungen

Die Gesundheitsämter reagierten schnell und flexibel auf die COVID-19-Pandemie. Besonders die Reorganisation und die Arbeit in Schichten erhöhten die Effizienz der Behörden.

Allerdings behindert die fehlende digitale Infrastruktur die Arbeit der Gesundheitsämter. Dort kommen die COVID-19-Testergebnisse oft noch per Fax an und müssen mühsam per Hand weiterbearbeitet werden. Das kostet nicht nur wertvolle Zeit, sondern ist auch sehr fehleranfällig. Nachdem andere Ämter nach dem Lockdown im Frühjahr wieder öffneten, kehrten deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihre eigentlichen Arbeitsplätze zurück und die Gesundheitsämter hatten wieder deutlich weniger Personal als notwendig.

Fazit

Die COVID-19-Pandemie zeigt, dass viele deutsche Gesundheitsämter personell stark unterbesetzt sind. Es müssen daher viele neue Stellen geschaffen und die Gehälter beispielsweise an jene in Krankenhäusern angepasst werden. Aus- und Weiterbildungsangebote sollten verbessert und die wissenschaftliche Basis für Forschung im öffentlichen Gesundheitswesen gestärkt werden.

Vor allem aber erfordert die Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitswesens höchste Priorität.

weitere Informationen

Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag von Dr. Claudia Kaufhold beim virtuellen Fachaustausch von Connective Cities zu Lernerfahrungen in der Corona-Krise am 28.09.2020. Dr. Kaufhold ist Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen und war von 2001 bis 2015 Leiterin des Gesundheitsamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin.

Stand: 13.07.2021

Kontakt

Dr. Claudia Kaufhold

Dozentin für Öffentliche Gesundheit und Begutachtung

Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf

claudia.kaufhold(at)bvoegd.de

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Kategorien: COVID-19 Krisenmanagement Öffentliche Gesundheit & kommunale Dienste Good Urban Governance Öffentliche Gesundheit
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