Organisierte Ehrenamtliche und Spontanhelfende: ihre besondere Rolle im Katastrophenmanagement

Der Einsatz organisierter Ehrenamtlicher und Spontanhelfender muss im Katastrophenfall gut koordiniert werden

Übersicht

Organisierte Ehrenamtliche und Spontanhelfende unterstützen bei Naturkatastrophen oder anderen Notfällen professionelle Rettungskräfte dabei, Leben zu retten und die Auswirkungen von Katastrophen zu minimieren.

Damit ihr Einsatz jedoch erfolgreich sein kann, muss das professionelle Katastrophenmanagement über geeignete Strukturen verfügen, um Freiwillige zu mobilisieren, zu schulen und vor allem um ihre Arbeit zu koordinieren. Gleichzeitig müssen auch die Grenzen und Verantwortlichkeiten der Freiwilligen klar definiert sein, um ein sicheres und erfolgreiches Zusammenwirken mit den professionellen Einsatzkräften zu gewährleisten.

Programm

Wie werden Ehrenamtliche, die etwas beim Roten Halbmond oder bei Freiwilligen Feuerwehren organisiert sind, und Spontanhelfende in das Katastrophenmanagement in der Türkei und in Deutschland integriert? Auf der Basis dieser beiden Beispiele diskutierten die Teilnehmenden aus fünf Ländern unter anderem die zweischneidige Rolle von Spontanhelfenden, die einerseits über enorme Ressourcen zur Bewältigung von Katastrophen verfügen, gleichzeitig aber auch das Katastrophenmanagement behindern können, etwa, wenn sie Zufahrtwege ins Katastrophengebiet verstopfen oder Falschmeldungen oder Ängste auf Social Media verbreiten. Zudem betonten die Teilnehmenden die Bedeutung von Zertifizierungen von organisierten Ehrenamtlichen im Katastrophenfall, die schnell Auskunft über deren Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten geben können.

Agenda (pdf, auf Englisch]

Keynotes

Zusammenarbeit mit Freiwilligen bei Katastrophen
Herr Yusuf Doğan Gürer (Stellvertretender Einsatzleiter - Feuerwehr Istanbul)

Organisierte Freiwilligenarbeit - Die Freiwillige Feuerwehr in Deutschland
Frau Katharina Timm (Geschäftsführerin des Krisenstabes, Referatsleiterin, Berufsfeuerwehr Dortmund)
Frau Sylvia Pratzler-Wanczura (Wissenschaftliche Leiterin, Berufsfeuerwehr Dortmund)

Präsentationen

Yusuf Doğan Gürer von der Feuerwehr Istanbul stellte vor, wie in der Türkei Spontanhelfende und organisierte Ehrenamtliche etwa der Katastrophenschutzbehörde AFAD, der Feuerwehr oder des Roten Halbmondes das Katastrophenmanagement unterstützten. Die Erfahrung aus vergangenen Katastrophenereignissen zeige, dass Spontanhelfende hilfreich seien, wenn viele Arbeitskräfte benötigt würden, und jene mit besonderen technischen Fähigkeiten einen großen Nutzen brächten. Allerdings seien Spontanhelfende schwer zu koordinieren, da sie – anders als organisierte Ehrenamtliche – nicht in offizielle Befehlsstrukturen eingebunden seien. Zudem erschwere deren Selbstorganisation über Social Media das Informationsmanagement. Ihnen fehlten zudem oft die Kompetenzen, um mit einer Katastrophensituation umzugehen und sie könnten zu einer logistischen Belastung eines Einsatzes werden.

Katharina Timm von der Berufsfeuerwehr Dortmund beschrieb die in Deutschland einzigartige Situation, dass die Aufgaben der Feuerwehren nicht ohne ehrenamtliches Engagement erfüllt werden könnten. Für die Rettung von Menschen, die Bekämpfung von Bränden und den Brandschutz seien 22.000 Freiwillige Feuerwehren mit etwa einer Million ehrenamtlichen Mitgliedern verantwortlich. Für die Bevölkerung in größeren Städten übernähmen dagegen 110 professionelle Berufsfeuerwehren diese Aufgaben. Freiwillige und Berufsfeuerwehren erhielten dieselbe Ausbildung und Ausrüstung.

Bei größeren Katastrophenereignissen kämen die Institutionen der Gefahrenabwehr immer wieder an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Dann würden sie in der Regel von spontan Helfenden unterstützt. Allerdings gelte es hier, rechtliche Aspekte wie Versicherungs- oder Datenschutz zu beachten, und diese Hilfe zu koordinieren. Dafür brauche es unter anderem eine effektive Kommunikation mit einem guten Informationsfluss etwa zu Risiken und aktuellen Hilfsbedarfen. Das Fazit von Katharina Timm: Zur Einbindung Spontanhelfender benötigen Kommunen ein systemoffenes Kommunikations- und Koordinierungssystem. Sie sollten die Selbstorganisation von Spontanhelfenden unterstützen, ohne ihren eigenen Führungsanspruch einzuschränken.

In einem Kommentar wies Axel Schmidt (Arbeiter-Samariter-Bund und Sphere-Trainer) darauf hin, dass die Betroffenen von Katastrophen keine hilflosen Opfer seien, sondern über eine Fülle an wichtigem lokalem Kontextwissen und Potenzial zur Selbsthilfe verfügten.

Ergebnisse

Spontanhelfende verfügen über viel Potenzial zur Bewältigung von Katastrophenereignissen. Sie können etwa per Social Media wichtige Informationen schnell und sehr effizient weiterverbreiten und sind etwa beim Befüllen von Sandsäcken bei Hochwasserereignissen schnell einsatzfähig. Sie verfügen zudem oft über äußerst relevantes Wissen über akute Bedarfe und den lokalen Kontext. Diese wertvollen Beiträge müsse das Katastrophenmanagement würdigen, so ein Fazit der Teilnehmenden. Allerdings bleibe die große Herausforderung bestehen, die in der Regel sehr motivierten Spontanhelfenden so zu koordinieren, damit sie tatsächlich zur Bewältigung einer Katastrophe beitragen und nicht unbeabsichtigt den Einsatz des Katastrophenmanagements – bestehend aus Professionellen und organisierten Ehrenamtlichen – behindern.

Bericht

Dieser virtueller Workshop ist eine Folgeaktivität der dreitägigen Dialogveranstaltung "Für mehr als eine Nacht: Notunterbringung für evakuierte Menschen -Wie Kommunen die mittel- bis langfristige Bereitstellung von Notunterkünften verbessern können."

Ein ausführlicher Bericht folgt am Ende des gesamten Lernprozesses.

Galerie

Kategorien: Connective Cities Dokumentation Good Urban Governance Krisenmanagement und Katastrophenvorsorge

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