Zusammenarbeit im Katastrophenschutz: Deutsche und philippinische Fachleute teilen ihre Erfahrungen

Entsendung von Fachleuten und lokaler Projektworkshop zwischen Deutschland und den Philippinen zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement im Katastrophenmanagement und Förderung einer inklusiven Personalentwicklung bei der Feuerwehr“

Als Folgeaktivität zur internationalen Dialogveranstaltung von Connective Cities, der Feuerwehr Köln und dem Kölner Ordnungsamt zum Thema „Evakuierung und Unterbringung evakuierter Personen in städtischen Gebieten - Planung von Evakuierungen über ihre frühen Stadien hinaus“ (im März 2023) kam es im Oktober zu einer Entsendung von kommunalen Fachleuten des Bereichs Katastrophenschutz aus Deutschland in die Philippinen.

Nach der im März stattgefundenen Veranstaltung zeigte sich, dass seitens der philippinischen und deutschen Kommunalfachleute das Interesse fortbestand, sich vertieft mit den Themen: Evakuierung, Ehrenamt im Katastrophenmanagement, digitale Kommunikationsstrategien und Multiplikatoren sowie inklusive Personalentwicklung bei der Feuerwehr auseinanderzusetzen. Zudem steht das Katastrophenmanagement – Disaster Risk Reduction and Management (DRRM) - in den Philippinen durch das häufige Auftreten von vulkanischen Aktivitäten, Erdbeben, Tsunamis, Taifunen und Erdrutschen sowie Starkregenereignissen weit oben auf der politischen Agenda auf allen Ebenen der Politik. Bereits bei der Veranstaltung in Köln zeigte sich die Expertise der philippinischen Fachleute u.a. in der Evakuierungsplanung und der Nutzung digitaler Kommunikationsstrategien sowie dem Einsatz von Multiplikatoren zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, zur Aufklärung und zur Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern.

In Kombination mit dem Interesse der philippinischen Experten an dem Fachwissen der deutschen Fachleute über das organisierte Ehrenamt im Bevölkerungsschutz entstand mit der Unterstützung von Connective Citites die Initiative, einen lokalen Projektworkshop in den Philippinen zu realisieren. Zum einen wurde die Möglichkeit gesehen, sich über die effektive Umsetzung etablierter Strategien auszutauschen und gemeinsam weitere Projektideen und Ansätze zu entwickeln. Zum anderen bot der Austausch die Chance, sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen, um ein besseres Verständnis über die Situationen zu erlangen und weiterführende Kontakte zu knüpfen.

Vom 16. – 20. Oktober 2023 reisten drei Kommunalfachleute aus Bonn, Köln und Wuppertal für den lokalen Projektworkshop zum Thema „Bürgerschaftliches Engagement im Katastrophenmanagement und Förderung einer inklusiven Personalentwicklung bei der Feuerwehr“ nach Makati City und Quezon City in Metro Manila.

Die Bürgermeisterin von Quezon City, Josefina Belmonte, hieß die Kommunalfachleute am ersten Tag persönlich willkommen, womit der fünftägige Workshop begann. An den ersten beiden Tagen lernten die Fachleute Quezon City und ihre Instrumente im Katastrophenmanagement kennen. Die in Quezon City vorgestellten Good-Practice Beispiele betrafen die Bereiche: Katastrophenmanagement, Recht und Ordnung, Risikokommunikation und Wohnungsbauprogramme. Quezon City betreibt Katastrophenschutz auf kommunaler Ebene. Ihre Strukturen stellten Mitarbeitende aus vier Abteilungen vor und traten danach in den Austausch mit den anwesenden Fachleuten.

  1. “Quezon City Disaster and Risk Reduction Management Office” (QCDRRMO) über den Aufbau einer katastrophenresistenten Stadt,
  2. „Public Affairs and Information Services Department“ (PAISD) über Risikokommunikation in Notfallsituationen,
  3. „Social Services and Development Department” (SSDD) über Camp-Koordination und Camp-Management in Katastrophen und
  4. „Housing Community Development and Resettlement Department“ (HCDRD) über Übergangsunterkünfte und -programme.

Mittags besuchten die Kommunalfachleute die QCDRRMO-Zentrale. Durch eine Tour und die Unterhaltung mit dem Leiter und den Mitarbeitenden konnten sie die Zentrale kennenlernen und Einblicke in die Arbeit erlangen. Ein besonderer Fokus lag auf dem von Quezon City entwickelten iRISE-UP Programm, ein Echtzeit-Überwachungssystem, durch welches es möglich ist, die Bevölkerung stadtteilgenau frühzeitig vor Gefahren zu warnen und bspw. Schulen zu schließen oder Evakuierungen anzuordnen sowie eintretende Katastrophensituationen präzise zu überwachen. Das QCDRRMO veröffentlicht überdies in Kooperation mit dem PAISD Informationen aus dem Bereich Katastrophenprävention und aktuelle Meldungen und Wetterwarnungen inklusive Handlungsempfehlungen auf öffentlichen Kanälen. Es schloss sich eine Besichtigung der Ausrüstung und Ausstattung der „Search and Rescue (SAR) Teams“ und der „Emergency Response Teams (ERT)“ an. Anschließend besuchten die Fachleute ein „Regional Evacuation Center“ (REC), das als Backup dient, falls die Evakuierungszentren eines Stadtteils überfüllt sein sollten. Die Evakuierungszentren sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt; Evakuierungsrouten sind festgelegt und ausgeschildert, wie auch die flutgefährdeten Bereiche. Diese Art von verstetigter Kommunikation regte die Delegation aus Deutschland an, derartige Beispiele in ihre Kommunen heranzutragen.

Der zweite Tag in Quezon City begann mit einer Präsentation durch den „Quezon City Police District“ (QCPD) über dessen Bestreben, die Inklusion und Diversität in der Gefahrenabwehr zu fördern. Es folgte ein Vortrag des Bureau of Fire Protection (BFP), welcher neben der inklusiven Personalentwicklung auf die Themen Brandschutz und -bekämpfung näher einging. Anschließend folgte eine Exkursion in den Stadtteil (Barangay) Bagong Silangan, die mit der Besichtigung von Übergangsunterkünften des HCDRD startete. Im Anschluss daran begab sich die Gruppe an den Grenzfluss, der zwei- bis dreimal jährlich aufgrund von Starkregen oder Taifunen einen großen Teil des Stadtgebiets überflutet und die Evakuierung von bis zu 30.000 Personen erforderlich macht. Dort wurden sie über die Hochwasserüberwachung mittels einfacher Markierungen in Kombination mit einer Kameraüberwachung informiert. Die Fachleute besichtigten auch das nahe gelegene dauerhafte Evakuierungszentrum für 5.000 Personen, das 2023 fertiggestellt worden ist, sowie ein Landwirtschaftsprojekt, das verhindert, dass ein Hochrisikogebiet, aus dem Menschen umgesiedelt worden sind, neu besiedelt wird. Abschließend wurde der Barangay (Stadtteil) Batasan Hills für einen Einblick in dessen DRRM-System, Leitstelle und Freiwilligenstruktur besucht. Die Stadt arbeitet mit den Barangays zusammen, um Katastrophenmanagement nachhaltig zu implementieren. Zudem sind die freiwilligen Helferinnen und Helfer eine wichtige Ergänzung zur Katastrophenbekämpfung; zum Beispiel als Ergänzung zur Berufsfeuerwehr, um vor deren Eintreffen mit dem Löschen von Bränden zu beginnen.

In den darauffolgenden zwei Tagen lag der Fokus auf den Gegebenheiten sowie Good-Practice-Beispielen in Makati City; darunter die ausgeprägte ressortübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung. Zum Einstieg wurden Makatis Resilienz-Roadmap – u. a. gegen Erdbeben und Hochwassersituationen – und dessen DRRM-System vorgestellt. Makati bildet den ersten Resilience Hub in Südostasien und entwickelt derzeit eine (auch) virtuelle Akademie zum Katastrophenschutz. Am Mittag besuchten die Fachleute Makatis DRRM Operation Center und traten mit den Mitarbeitenden ins Gespräch. Sie lernten die Leitstelle mit all ihren Ausstattungen kennen, sowie das Lagezentrum, die Wetter-Analyse Station und das Frühwarnsystem TOMO. Darüber hinaus besichtigte die Gruppe die Search and Rescue Base und sprach mit den DRRMO Ansprechpartnern vor Ort. Zuletzt besuchten sie Makatis zentrale Feuerwehrwache mit dem „Bureau of Fire Protection – National Capital Region“ (BFP-NCR) von Makati City.

An Tag vier wurde das DRRM-System des Barangay Poblacion in Makati City vorgestellt, für welches das BRGY Poblacion bereits ausgezeichnet wurde, und sich mit dem Personal über das Thema „Engagement der Gemeinschaft und Partnerschaft mit dem Privatsektor“ ausgetauscht. Durch den Austausch konnten einerseits Einblicke in die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Barangay gewonnen werden und andererseits wurde eine Einsicht in die verfügbaren Ressourcen von Barangays gewährt. Nach der Präsentation besichtigten die Fachleute das temporäre Evakuierungszentrum im Barangay Poblacion, das eigens für den Besuch aus Deutschland komplett eingerichtet worden war. Dort erhielten die Fachleute einen Einblick über den Aufbau des Evakuierungszentrums, die Vorratshaltung, die medizinische und tiermedizinische Betreuung, die sanitäre Zusatzausstattung und die mobile Trinkwasseraufbereitung. Die Fachleute gewannen Inspirationen von der Art der Ausstattung der Evakuierungszentren. Am Mittag vertieften die Fachexperten das Thema „Engagement des Privatsektors“. Hierzu referierte die Direktorin der privaten Unternehmensstiftung „Philippine Disaster Resilience Foundation“ (PDRF), u. a. zur Zusammenarbeit der Stadtverwaltung mit dem Privatsektor zur Stärkung des Business sowie des Public Sector Continuity Managments. Tag vier endete mit Präsentationen der deutschen Delegierten zum organisierten Ehrenamt sowie dem Umgang mit Spontanhelfenden in Deutschland und einem gemeinsamen Austausch über die Erfahrungen mit Freiwilligenengagement in Deutschland und den Philippinen. Ebenso wurde die Förderung der Freiwilligen Feuerwehr schon in jungen Jahren (Kinderfeuerwehr) und in der Jugend vorgestellt, welches gerade im Bereich des Katastrophenschutzes in Deutschland eine elementare Rolle spielt. Makati City informierte darüber, dass durch verschiedene Initiativen wie Kurse in Erster Hilfe, dem „National Disaster Resilience Month“ oder der jährlich stattfindenden „Family and Community Resilience Fair“ versucht wird, den Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeiten zu bieten, sich Wissen und Fähigkeiten anzueignen, um sich vor jeglichen Arten von Katastrophen schützen zu können und im Umgang mit den vorkommenden Katastrophen versiert zu sein. Zudem erklärten sie, dass sie First Responder in vielfältigen Bereichen wie Erste Hilfe, grundlegenden lebenserhaltenden Maßnahmen, Brand- und Rettungsdienst sowie im Umgang mit Überschwemmungen, Erdbeben und Erdrutschen etc. ausbilden.

Am letzten Tag des Workshops kamen Quezon City, Makati City und die deutschen Kommunalfachleute für eine gemeinsame Reflexion zusammen. Die Bürgermeisterin von Makati City, Abigail Binay, nahm am Austausch teil. Gemeinsam wurden abschließend die Möglichkeiten erörtert, um Partnerschaften und Initiativen im Katastrophenmanagement zu fördern. Besonders wurde dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit bei der Verbesserung der Katastrophenvorsorge und –bewältigung betont.

Die Kommunalfachleute kehrten nach dem fünftägigen Projektworkshop mit vielen Eindrücken nach Deutschland zurück. Die gesammelten Erkenntnisse reichen von Einblicken in die Verwaltungen und Leitstellen für DRRM bis hin zu Besichtigungen von Evakuierungszentren, Übergangsunterkünften und Feuerwehrstationen. Der gegenseitige Austausch und Besuch der Einrichtungen dient auch der Reflexion unterschiedlicher Bereiche der eigenen Arbeit und Konzepte. Darüber hinaus erlangten sie Kenntnisse über Tools zum Wetter-Monitoring, erhielten direkte Einblicke in die für Katastrophen angepassten Stadtplanung und wurden mit Initiativen wie der Ausbildung von freiwilligen First-Respondern sowie Veranstaltungen für die Bürgerinnen und Bürger zu den Themen Katastrophenschutz und –management vertraut gemacht. Der Austausch zwischen den Fachexperten hat nicht nur ihr fachliches Wissen erweitert, sondern auch den Blick für globale Herausforderungen und nachhaltige Lösungsansätze geschärft. Insbesondere die Auswirkungen des Klimawandels lassen es notwendig werden, global auf verschiedenen Ebenen zusammen zu arbeiten. Hier erwies sich die kollegiale Beratung über Connective Cities als eine beispielhafte Gelegenheit auf kommunaler Ebene im Sinne eines globalen, kommunalen und gegenseitigen Lernens.

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