Mit ihrem Projekt „Essbare Stadt“ holt Andernach die Natur zurück in den Ort und sorgt damit nicht nur für eine Aufwertung öffentlicher Flächen. Die Stadt am Rhein schafft mit Nutzpflanzen und umfangreichen Begrünungsmaßnahmen ein gesundes Stadtklima, fördert die Kulturpflanzenvielfalt und bringt – ganz nebenbei – eine willkommene Abwechslung auf den Speiseplan ihrer Bürger.
Das deutschlandweit einzigartige Projekt gibt es seit 2010 und entwickelte sich seitdem ständig weiter. Im Mittelpunkt steht der Versuch Grünflächen langfristig und nachhaltig zu bewirtschaften, um somit die Stadt lebendiger, umweltfreundlicher und vielschichtiger zu gestalten. Nachhaltigkeit und Biodiversität bilden dabei die Grundlage, eine urbane Landwirtschaft zu fördern und die Bewohner der Stadt für eine bewusstere sowie gesündere Ernährung zu begeistern. Wesentliches Element ist hierbei die Integration von Aspekten der urbanen Landwirtschaft in den städtischen Grünraum. Mit der Anpflanzung von öffentlichen Gemüsebeeten, die nicht nur jedermann zugänglich sind, sondern auch von allen Bürgern beerntet werden können, geht Andernach einen neuen Weg. Diese periurbane Permakulturanlage ermöglicht es der Stadt, die urbane Biodiversität öffentlicher Räume sowie das soziale Miteinander der Bürger zu fördern.
Die „Essbare Stadt“ Andernach verfolgt das Ziel, städtische Grünflächen attraktiver zu gestalten und gleichzeitig im Sinne einer Multifunktionalität ökologische, ökonomische und auch ästhetische Funktionen gleichermaßen zu unterstützen. Für die Bürger freizugängliche Gemüsebeete und andere Nutzpflanzenareale sollen das soziale Engagement stärken und dazu beitragen, dass die Stadt wieder lebendiger wird.
Jedes Jahr steht eine Nutzpflanze besonders im Fokus. So wurden 2010 an der Mauer im Schlossgarten 101 Tomatensorten gepflanzt, 2011 100 Bohnensorten und 2012 20 Zwiebelsorten; 2013 war das Jahr des Kohls. Ein kleiner Weinberg mit Rebsorten zum direkten Traubengenuss findet sich in unmittelbarer Nähe. Die Möglichkeiten der Gestaltung mit Pflanzen wurden enorm ausgeweitet. Hier ist es auch Ziel, auf kleineren Flächen temporär die Artenvielfalt zu demonstrieren und Biodiversität begreifbar zu machen.
An einer südexponierten Mauer wurde 2012 die „Essbare Stadtmauer“ installiert. Dort wachsen submediterrane Fruchtgehölze, wie Kaki, Knackmandel, Feige, Bitterorange oder Indianerbanane. Auch Neuansiedlungen von seltengewordenen, einst heimischen Pflanzen und Fruchtgehölzen, wie Quitte, Mispel und Kornelkirsche ist Teil des Projektes. Mit der Umgestaltung der kostenaufwändigen Wechselbeete in nachhaltige Staudenbeete wurde die ökologische und ökonomische Umgestaltung der Grünanlagen fortgesetzt. Während in den Rheinanlagen kleinflächige Wechselbeete erhalten bleiben, sind Wechselbeete in der Stadt und Stadtteilen in abwechslungsreiche, vielgestaltige und ästhetisch anspruchsvolle Flächenpflanzungen umgewandelt worden.
Durch ihr Projekt schafft es Andernach zahlreiche ökologische, stadtklimatische und soziale Aspekte anzusprechen und weiterzuentwickeln. Die „Essbare Stadt“ wirkt sich positiv aus auf die:
Gemeinsam mit der Langzeitarbeitslosen-Qualifizierungsgesellschaft Perspektive gGmbH hat Andernach ein umfangreiches berufsqualifizierendes Angebot geschaffen, welches ebenfalls zu dem Projekt gehört. Die hierüber beschäftigten Langzeitarbeitslosen leisten wertvolle Arbeit und beteiligen sich an der Bewirtschaftung und Pflege der Grünflächen. Hinter der „Essbaren Stadt“ steht auch ein pädagogisches Motiv. In Grundschulen entstanden Schulgärten und die Kinder und Jugendlichen werden an die Themen Nachhaltigkeit, Permakultur und gesunde Ernährung herangeführt. Zusätzlich wird das Obst und Gemüse konsequent ökologisch angebaut – auf Herbizide und mineralische Dünger wird gezielt verzichtet. Stattdessen arbeitet Andernach mit Zwischenfrüchten im Mischfruchtanbau und mit umfangreichen Mulchen. Somit bleiben die Beete nachhaltig sowie langfristig kultivierbar und biodivers.
Mit dem Projekt „Essbare Stadt“ ist es Andernach gelungen, Ideen aus der nachhaltigen Stadtentwicklung mit Konzepten aus dem Bereich Biodiversität und Ernährung zu verbinden. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass dadurch viele Synergieeffekte entstanden sind. Die hochwertigen Nutzpflanzenareale, zusammen mit Wildblumenwiesen, sind eine echte Alternative zu den sonst üblichen, kostenintensiveren und aufwendig gepflegten Trittrasen und sonstigen städtischen Grünflächen. Das Beispiel Andernach hat gezeigt, dass zunächst befürchteter Vandalismus ausblieb und die Permakulturen Zuspruch in der Bevölkerung erhielten.
Dr. Lutz Kosack
Amt für Stadtplanung und Bauverwaltung
Stadtverwaltung Andernach
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