Partizipation und Stadtplanung

Partizipative Stadtentwicklung im Zeichen von Urbanisierung und demographischer Trends

Während in Teilen der Welt Ballungsräume immer weiter wachsen, sehen sich viele Städte in industriell geprägten Regionen Nordamerikas, West- und Osteuropas mit einem Bevölkerungsrückgang konfrontiert. Städte und Stadtplaner stehen hier wie dort vor immer neuen Herausforderungen, mit der Bevölkerungsentwicklung Schritt zu halten.

Der Demografische Wandel gilt bereits heute als eine bedeutende Herausforderung westlicher Industrieländer. Er ist gekennzeichnet von sinkenden Geburtenzahlen, einer ansteigenden Lebenserwartung und einer wachsenden Bedeutung des Wanderungsverhaltens der Menschen. Die westlichen Gesellschaften werden kleiner, älter, bunter und zunehmend weiblich. Mit den "Wanderungen" von Arbeitsplätzen und Bevölkerung nehmen auch die regionalen Unterschiede bei Wirtschaftskraft und Steueraufkommen zu.

Diese Entwicklungen sind insbesondere auf Stadtteilebene spürbar. So stehen kleinräumig betrachtet schrumpfende, stabile und wachsende Quartiere nebeneinander und auch in den Altersgruppen gibt es deutlich unterschiedliche Entwicklungen.

Nicht selten sind insbesondere Stadtkerne von Abwanderungen betroffen. Die verstärkte Innenentwicklung und ein nachhaltiges Bauflächenmanagement können diesem Trend entgegenwirken. Dabei geht es vor allem um die städtebaulich eingepasste Umnutzung von gewerblichen und militärischen Brachflächen, freiwerdenden Flächen, unbebaute Baulücken sowie untergenutzte Flächen und Grundstücke.

Ein Beispiel dafür ist die Umnutzung der ehemaligen Zechenbrache Consolidad 3/4/9 in Gelsenkirchen im deutschen Ruhrgebiet. Hier entstand aus dem zunächst durch den Bergbau, dann aber durch Abwanderung, Arbeitslosigkeit und Leerstand geprägten Stadtteil Bismarck ein neues Stadtteilzentrum mit Einzelhandel, Gewerbe, Dienstleistungs- und Kultureinrichtungen. Als Teil des Programms Soziale Stadt wurden die Bewohner des Stadtteils von Beginn an mit eingebunden, die lokale Ökonomie wurde gezielt gestärkt und das Zechengelände samt denkmalgeschützter Bausubstanz revitalisiert. Es entstand ein innovativer Bildungsort, der das Image des gesamten Stadtteils aufwertet.

Die Bevölkerungsbeteiligung ist zentral für eine integrierte Stadtteilentwicklung. Förmliche Beteiligungsverfahren, wie sie z.B. in Deutschland für die Bauleitplanung gesetzlich verankert sind, haben sich bewährt. Sie sollten jedoch durch informelle Instrumente und Kooperationen ergänzt werden, um unter aktiver Beteiligung von Bürgern, Vereinen, Verbänden und Unternehmen Leitbilder zu entwickeln und umzusetzen. Aber auch der Austausch mit den Kommunen in der Stadtregion und mit anderen kommunalen Netzwerken ist förderlich. Das gilt auch für Entwicklungs- und Schwellenländer – auch wenn diese vor ganz anderen Herausforderungen stehen.

95 Prozent des zukünftigen städtischen Wachstums wird in den urbanen Ballungsräumen von Entwicklungsländern stattfinden. Insbesondere in Asien und Afrika verlaufen diese Entwicklungen höchst dynamisch. Es liegt ein hoher Entwicklungsdruck in sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht auf diesen Regionen.

Da Entscheidungsträger in Stadtverwaltungen und Versorgungsbetrieben oftmals nur unzureichend auf die Herausforderungen wachsender städtischer Armut vorbereitet sind, resultiert städtisches Wachstum vielerorts zu ausgedehnten Siedlungen der armen Stadtbevölkerung mit prekären Lebensbedingungen. Sie sind somit Ausdruck fehlender wirtschaftlicher, sozialer und politischer Teilhabe.

Es sind häufig NGOs, die Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Slumbewohnern ins Leben rufen und basisdemokratische Prozesse in Gang setzen. Dies wird deutlich am Beispiel der Stärkung der Frauen von El Alto, Bolivien, die zunächst nur ihre Ernährungssituation verbessern wollten. Mit der Unterstützung eines Sozialwerks gelang es, ihnen Kenntnisse zur landwirtschaftlichen Selbstversorgung zu vermitteln und sie auf Bürgerversammlungen in Erzeugergemeinschaften zu organisieren. Mittlerweile hat sich das Einkommen vieler Familien erhöht. Gestärkt durch ihre Erfolge beteiligen sich die Frauen zusammen mit ihren Nachbarschaftsräten auch an Stadtentwicklungsprozessen, fordern bauliche Verbesserungen und treten für die Legalisierung ihrer schnell wachsenden, informellen Stadtviertel ein.

Durch eine deutlich verbesserte Anbindung armer Siedlungsgebiete an das Stadtzentrum durch die Seilbahn von Medellin unter direkter Beteiligung lokaler Autoritäten und Bevölkerungsgruppen, gelang es auch dort, die Lebensqualität in den Vierteln zu verbessern. Der erleichterte Zugang zum Stadtzentrum führte zu besseren Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten, diese wiederum zu Investitionen in die soziale Infrastruktur, wie soziale Zentren und Schulen und letztendlich zu weniger Kriminalität und einem größeren sozialen Zusammenhalt.

Trotz ganz unterschiedlicher Ausgangs- und Problemlagen ist allen Beispielen gemeinsam, dass neue wirtschaftliche Perspektiven und die Möglichkeit der politischen Teilhabe der Bewohner die Auslöser einer positiven Stadtteilentwicklung sind. 

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