Mobil sein heißt nicht nur Distanzen zu überwinden, sondern vor allem Bildung und Kultur, Arbeit und Freizeitmöglichkeiten sicher, schnell, ökologisch verträglich und preiswert erreichen zu können. Mobilität bedeutet daher gerade in Städten und Ballungsräumen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. In urbanen Räumen wird besonders deutlich, dass sich Mobilität wandelt und neben nachhaltigen Innovationen auch neue Konzepte zur Kombination unterschiedlicher Verkehrsträger erfordert.
Das Auto dominiert städtische Räume, beansprucht viel Platz, verursacht Lärm und schädliche Abgase, die sowohl die Gesundheit der Stadtbewohner als auch das Klima erheblich belasten. Außerdem beeinträchtigt es den Transport derjenigen, die sich kein Auto leisten können. Vor allem Städte in Entwicklungs- und Schwellenländern, deren Wirtschaft und Bevölkerung sich rasch entwickeln, setzt der zunehmende Pkw-Verkehr erheblich unter Druck. Busse und Bahnen stecken ebenfalls im Stau und bedienen oft nicht alle Stadtteile. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind daher gezwungen, kilometerweit entlang von Straßen ohne sichere Fußwege zu Fuß zu gehen. Viele benachteiligte Stadtgebiete verfügen außerdem nicht über ausreichend befestigte Versorgungswege, was die Belieferung von Geschäften erschwert und Rettungsfahrzeuge erheblich behindert.
In vielen europäischen Großstädten hingegen sinkt die Zahl der Fahrten mit dem Auto. Die Menschen steigen zunehmend auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), das Fahrrad oder auch ein Carsharing-Auto um. Während in Berlin beispielsweise 31% aller Wege mit dem Auto unternommen werden, erfolgt der Rest umweltfreundlich zu Fuß (30%), mit dem ÖPNV (26%) oder mit dem Fahrrad (13%). In Kopenhagen ist das Fahrrad sogar das meistgenutzte Verkehrsmittel, und in London fahren mehr Menschen mit der Tube, Bussen und Bahnen als mit dem eigenen Pkw. Auch das Auto selbst ändert sich: Es wird kleiner, zunehmend mit Strom oder Gas betrieben und immer häufiger im Carsharing eingesetzt. Selbst große Automobilkonzerne betreiben auf Grund sich ändernder Nutzerbedürfnisse neuerdings Systeme, bei denen sich viele Menschen ein Auto teilen – und nur dann bezahlen, wenn sie es tatsächlich nutzen. Darüber hinaus laden Internetplattformen zum privaten Mitfahren ein und öffentliche Leihfahrradsysteme boomen in großen und mittelgroßen Städten.
Weltweit halten neue Mobilitätskonzepte in den Großstädten und Metropolregionen Einzug. So hat Johannesburg in Südafrika bereits seit 2009 ein neues Schnellbussystem - Rea Vaya, das die bis dato nur mit Taxi-Bussen erreichbaren Townships von Soweto mit dem Stadtzentrum verbindet. Die eingesetzten Busse sind emissionsarm und haben die Fahrtzeit von Soweto ins Zentrum deutlich verkürzt. Entlang der neuen Buskorridore entstehen zudem neue Gebäude, die die Stadtviertel baulich miteinander verbinden und die verschiedene Nutzungsansprüche erfüllen.
In Medellín, Kolumbien übernimmt eine Seilbahn als Teil des öffentlichen Nahverkehrssystem die Verbindung marginalisierter Stadtteile mit dem Zentrum. Eingebettet in integrierte Stadtentwicklungsprojekte und ein umfassendes ÖPNV-Konzept war die Einweihung der Seilbahn die Initialzündung für eine physische und soziale Transformation der Stadt. Über die verbesserte Anbindung der Bewohner der vorher abseits gelegenen Stadtviertel hinaus hat ein Prozess gegenseitiger Wertschätzung begonnen. Die dort lebenden Menschen werden in das soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Leben der Stadt integriert und können seitdem in Partizipationsverfahren über weitere stadtplanerische Projekte mitentscheiden.
Städte und Metropolregionen in vielen Ländern sind bestrebt, die verschiedenen Verkehrsträger, wie S-, U- und Regionalbahnen, Busse, Straßenbahnen, Pkws, Fahrräder und den Fußverkehr bestmöglich miteinander zu verbinden. Das 1960 in Hamburg erfundene Verkehrsverbündemodell hat sich seitdem fast flächendeckend in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden durchgesetzt. Zudem arbeitet man in Deutschland seit den 1960er Jahren stetig daran, den ÖPNV zu beschleunigen - sei es durch die Führung auf separatem Gleiskörper, durch Anlage und Ausbau von Stadt- und U-Bahnsystemen, oder durch die Anlage von Busspuren und die Bevorrechtigung an Lichtsignalanlagen im fließenden Verkehr. Vor allem in den letzten Jahren haben viele große deutsche Städte neue Rad- und Fußverkehrskonzepte entwickelt.
Auch in anderen Regionen Europas und der Welt organisieren ÖPNV-Autoritäten integrierte und attraktive Verkehrsangebote weit über die Stadtgrenzen hinaus. Abgestimmte Taktzeiten, die physische Integration von Haltestellen, Fuß- und Radwegenetzen sowie gut verständliche und einfach zugängliche Informations- und Tarifangebote sind dem Nutzer besonders wichtig. Die fahrgastorientierte Weiterentwicklung von Mobilitätsangeboten ist deshalb die zentrale Herausforderung, wenn es darum geht, umweltfreundliche urbane Mobilität zu fördern. Damit weder Bürger, Wirtschaft noch die Umwelt auf der Strecke bleiben, sollten Verkehrspolitik, Stadtentwicklungs- und Mobilitätsplanung immer eng miteinander verknüpft sein.
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