„Bairro Maravilha“ – wundervolle Nachbarschaften in Rio de Janeiro

Ein Programm, das Überschwemmungsschutz, städtische Infrastruktur und menschwürdiges Wohnen in ärmeren Stadtvierteln bietet

Übersicht

Das Programm „Bairro Maravilha“, auf Deutsch „Wundervolle Nachbarschaft“, das bereits an mehr als 90 Orten in Brasiliens zweitgrößter Stadt Rio de Janeiro umgesetzt wurde, setzt Urbanisierungs- und Infrastruktursysteme für die Bevölkerung in einigen der ärmsten Viertel der Stadt. Das Programm umfasst die Asphaltierung der Straßen, die Schaffung sicherer Gehwege, die Wiederherstellung der öffentlichen Beleuchtung mit LEDs und die Einrichtung eines professionellen Kanalisations- und Entwässerungsnetzes vor, um Überschwemmungen zu vermeiden. An Orten, an denen kein Platz für eine geordnete Urbanisierung vorhanden ist, werden im Rahmen des Programms neue Wohnungen gebaut, um den städtischen Raum neu zu ordnen. Im Rahmen des Programms wurden bereits über sechs Millionen Quadratmeter im gesamten Stadtgebiet urbanisiert und die Entwässerung und die Lebensbedingungen in allen betroffenen Gebieten verbessert.

Hintergrund

In Brasilien sind die Gemeinden gesetzlich für die städtische Organisation und die Gewährleistung der sanitären Infrastruktur für die Bürgerinnen und Bürger verantwortlich.

In Großstädten wie Rio de Janeiro werden trotz fehlender Genehmigungen einige Gebiete irregulär mit Wohnhäusern besetzt, und die öffentliche Verwaltung kann nicht verhindern, dass Favelas entstehen.

Ist eine Favela erst einmal mit Hunderten von Familien besiedelt, ist es sehr schwer, sie wieder zu entfernen. Die für eine nachhaltige Stadtentwicklung sinnvollste Lösung besteht darin, für das Gebiet eine angemessene städtische Infrastruktur zu schaffen, insbesondere in Gebieten, die in der Vergangenheit regelmäßig überschwemmt wurden.

Rio de Janeiro leidet aufgrund seiner geografischen und klimatischen Gegebenheiten häufig unter den Gefahren von Starkregen und Überschwemmungen, insbesondere im Sommer.

Der Klimawandel erhöht die Frequenz und Stärken von Extremereignissen, was zu erheblichen materiellen Schäden und Risiken für die Bevölkerung führt.

Ziele

Das Programm Bairro Maravilha, das im Jahre 2021 wieder aufgenommen wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Stadtteile zu sanieren, die in der Vergangenheit unter einer fehlenden städtischen Infrastruktur gelitten haben. Ziel ist es, diese Gebiete vor dem Verfall zu retten, die Lebensqualität der dort ansässigen Menschen zu verbessern und sie vor Überschwemmungen durch Starkregenereignisse zu schützen. Rund 300.000 Menschen sollen letztendlich von den Verbesserungen profitieren.

Aktivitäten

Eduardo Paes war vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2016 bereits Bürgermeister von Rio de Janeiro. Seit seiner erneuten Wahl am 1. Januar 2021 wurde das Programm Bairro Maravilha wiederaufgenommen und von ihm mit Nachdruck vorangetrieben.

Im Rahmen des Programms arbeiten die städtischen Abteilungen für Naturschutz, Finanzen, Infrastruktur und Sport sowie Agenturen wie Comlurb und Rioluz eng zusammen. Straßen werden asphaltiert, sichere Gehwege angelegt, Entwässerungskanäle installiert und mit dem Netz der Stadt verbunden. Öffentliche Plätze werden neu gestaltet mit Freiluftturnhallen für Erwachsene und ältere Menschen, Sportplätze und Spielplätze für Kinder. Straßen und Plätze werden begrünt, Alleen angelegt und Bänke aufgestellt. Eine neue LED-Beleuchtung ermöglicht die sichere Nutzung des neuen öffentlichen Raumes auch bei Nacht.

Bei dieser Stadtsanierung werden bis zu 90% der Arbeiterinnen und Arbeiter aus den Vierteln selbst rekrutiert. Durch diese öffentlichen Investitionen werden so nicht nur lokale Arbeitsplätze und Einkommen geschaffen, wodurch die Wirtschaft vor Ort profitiert. Dadurch wird auch die Qualität der Arbeit erhöht – da die Arbeiterinnen und Arbeiter ihr eigenes Viertel gestalten und lokales Know How einbezogen wird.  Es erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass die öffentlichen Plätze besser gepflegt werden. Die lokale Bevölkerung kann auch bei Wartungsarbeiten des Entwässerungssystems unterstützen, da sie das System kennt.

In einigen Fällen ist die informelle Bebauung so schlecht strukturiert, dass es unmöglich ist, das Programm durchzuführen, ohne Personen umzusiedeln und die Viertel durch Neubebauung zu restrukturieren. In solchen Fällen werden Wohnungen auf unmittelbar angrenzenden Geländen gebaut, damit die Familien nicht weit von ihren bisherigen Nachbarschaften, Schulen und Arbeitsplätzen entfernt leben müssen. Dieser Prozess verläuft in kleinen Einheiten und mehreren Kaskaden. Zunächst werden auf einer Fläche „A“ beispielsweise 100 Wohneinheiten für ca. 400 Menschen geschaffen. Dorthin werden Menschen aus einer direkt benachbarten Fläche „B“ umgesiedelt. Die frei gewordene Fläche wird nun grundsaniert und neu bebaut. Dorthin werden nun Menschen aus einer unmittelbar angrenzenden Fläche „C“ umgesiedelt, die nun ebenfalls grundsaniert und neu bebaut werden kann, usw.. Auf diese Weise können auch unter Akzeptanz der Bevölkerung schlecht bebaute Viertel saniert werden.

Wirkungen

An mehr als 90 Orten in westlichen und nördlichen Stadtvierteln von Rio de Janeiro wurden oder werden Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Bereits jetzt wurden über sechs Millionen Quadratmeter saniert und die Entwässerung und die Lebensbedingungen in allen betroffenen Gebieten verbessert. Rund 300.000 Menschen, die bislang weitgehend ohne sanitäre Grundversorgung lebten, werden insgesamt davon profitieren. Die Verbesserungen an ihrem Wohnort soll den Menschen auch zu mehr Würde verhelfen.

Die Maßnahmen werden allgemein begrüßt und gut angenommen. Dies zeigen auch einzelne Stimmen aus der Bevölkerung:

„Ich lebe hier, seit ich geboren wurde. Wenn es regnete, drang das Wasser bis zu meinem Knie in das Haus ein. Ich musste Barrieren bauen, um zu verhindern, dass das Wasser eindringt und alles kaputt macht. Jetzt wird es wunderbar sein.“

"Wir haben hier einen neuen Platz angelegt. Es gibt Spielzeug für die Kinder, eine neue Turnhalle. Der ganze Platz wurde renoviert, praktisch ein neuer Platz, denn er war ziemlich heruntergekommen. Jetzt ist er ein Freizeitbereich für alle Bewohner."

Fazit

Das Programm Bairro Maravilha ist durchaus erfolgreich und übertragbar auf andere Städte. Neben der direkten Unterstützung durch den Bürgermeister und einer abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung bei der Umsetzung ist vor allem die Einbeziehung der Bevölkerung der jeweiligen Stadtviertel in die Planung und Umsetzung der Sanierungsarbeiten ein entscheidender Erfolgsfaktor für die nachhaltige Gestaltung der Sanierungsprojekte.

weitere Informationen

COMUNIDADE DO AÇO - PROJECT PRESENTATION
[pdf, 3,4 mb - Projekt der Neukonzeption von Wohnvierteln]

Video: Kanalarbeiter aus den Vierteln berichten über ihre Arbeit
[YouTube-Video: Portugiesisch mit englischen Untertiteln]

Programa Bairro Maravilha beneficia mais de 90 localidades nas zonas Norte e Oeste da cidade
https://prefeitura.rio/infraestrutura/programa-bairro-maravilha-beneficia-mais-de-90-localidades-nas-zonas-norte-e-oeste-da-cidade/

Stand: 10.05.2023

Kontakt

Livia Figueiredo

Subsecretária de Gestão

Secretaria Municipal de Infraestrutura - SMI/SUBG

livia.pcrj(at)gmail.com

Bilder

Kategorien: Integrierte Stadtentwicklung Partizipation und Stadtplanung Stadt und Klimawandel Stadterneuerung Stadtsanierung
Regionen: Lateinamerika Brasilien Rio de Janeiro

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