Als Connective Cities 2014 zur Auftaktveranstaltung nach Leipzig einlud, wusste man noch nicht, dass dieser neue Ansatz des internationalen Fachaustausches unter kommunalen Praktiker*innen angenommen werden und konkrete Ergebnisse liefern würde. Inzwischen hat sich ein Netzwerk aus circa 3.500 Fachleuten in über 700 Städten und 100 Ländern gebildet. Viele Projektideen wurden entwickelt und detailliert ausgearbeitet. Aus Arbeitsgruppen wurden Think Tanks und Kommunen zu Reallaboren für die Umsetzung innovativer Projekte.
Grund genug zu feiern! 65 kommunale Fachleute aus 15 Ländern kamen auf der Jubiläumsfeier von Connective Cities zusammen, die am 04. Dezember 2024 in den Räumen des Deutschen Städtetages in Berlin stattfand.
Lina Furch, Leiterin der Abteilung Europa und Internationales, Europabüro Brüssel im Deutschen Städtetag, eröffnete als Gastgeberin die Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmenden recht herzlich. 10 Jahre Connective Cities seien auch zehn Jahre engagierte Zusammenarbeit vieler Fachleute, um lokale Lösungsansätze zu einer Vielfalt aktueller Themen zu finden – von der öffentlichen Daseinsvorsorge, Anpassung an den Klimawandel, über nachhaltige Bauweisen bis hin zu Hochwasserschutz, um nur einige zu nennen. Connective Cities unterstützte dabei, Projektideen bis zur Antragsreife auszuarbeiten. In Zeiten geopolitischer Umwälzungen werde die internationale Zusammenarbeit immer wichtiger. Connective Cities sei auch Städtediplomatie und sie wünsche sich, dass sich auch weiterhin kommunale Praktiker*innen zum weltweiten Fachaustausch treffen können.
Ricarda Meissner, Projektleiterin von Connective Cities auf Seiten der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Alexander Wagner, Gruppenleitung Themenpartnerschaften und internationaler Fachaustausch auf Seiten der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global schlossen sich dem an. Sie betonten, dass die Art und Weise, wie Connective Cites Kommunen und deren Verbände in den Fachaustausch bringt, einmalig sei und ihnen dabei hilft, die Herausforderungen der Gegenwart besser zu bewältigen.
Barbara Baumbach, Referentin für kommunale Entwicklungspolitik und Städtepartnerschaften für global nachhaltige Entwicklung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ),), griff in ihrer Rede mehrere Aspekte auf:
Die Halbzeitbilanz zur Agenda 2030 habe es an den Tag gebracht: Die SDG sind nicht auf Kurs. Mehrere der Ziele, wie beispielsweise die Beseitigung von Armut und Hunger, Klimaschutz und Biodiversität, sind weit von ihren Zielwerten entfernt. Ein Drittel der Ziele zeigt keine Fortschritte oder sogar Rückschritte. Zudem gefährden schwere Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen in fast allen Weltregionen die bisherigen Entwicklungserfolge. Städten, Kommunen und Landkreisen als Knotenpunkte der nachhaltigen Transformation komme daher bei der Aufholjagd zur Umsetzung der Agenda 2030 eine besondere Rolle zu.
Die Städte-Plattform Connective Cities ermögliche es den Kommunen, durch Lernen aus Guten Praktiken, Einbeziehung der globalen Perspektive sowie auch der Förderung der lokalen Expertise ihre Resilienz zu stärken. Agile, kurzfristige Austauschformate ergänzen dabei intensivere Lernprozesse und ermöglichen, rasch auf aktuelle Herausforderungen, z.B. die Stärkung der Resilienz in Kriegszeiten in der Ukraine, zu reagieren. Der fachliche Austausch basiere auf Offenheit, Vertrauen und einem gemeinsamen Ziel: die Lebensqualität für die Menschen in Städten und Gemeinden weltweit nachhaltig zu verbessern.
Mit Blick auf die Zukunft wünsche sie sich, dass noch mehr Projektanträge an Finanzierungsorganisationen übergeben werden können und Kommunen Finanzierung für die Umsetzung ihrer Ideen erhalten. Durch eine bessere Erfassung der neuen Ansätze, der Innovationen und Verbesserungen in den Kommunen könne Connective Cites noch eine größere Strahlkraft entfalten.
Redemanuscript von Fr. Baumbach
Diese Frage beantworteten in einer Podiumsdiskussion Lars Loebner, Leiter des Referats Wohnungsbauprojekte bei der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Emmanuel Letebele, Regionalmanager bei der Metropolgemeinde eThekwini der Stadt Durban, Südafrika, Yurii Poliansky, Projektmanager im Lviv City Institute, Ukraine, und Verena Schwarte, Koordinatorin im Büro für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Stadt Bonn, Deutschland. Es moderierte Susanne Luithlen.
Lars Loebner hob den beidseitigen Perspektivwechsel hervor, der durch die internationale Zusammenarbeit wie auch Vernetzung innerhalb Deutschlands entstehe. Dies gelte sowohl für ein Projekt der Flächennutzungsplanung im Großraum Amman, gemeinsam mit Expert*innen aus Frankfurt am Main, München und Amman sowie ein Erfahrungsaustausch mit Fachleuten aus Windhoek, Namibia, zum Thema „Schaffung bezahlbaren Wohnraums“.
Emmanuel Letebele nahm uns mit auf eine Reise zum Thema „Klimaanpassung und Hochwasserschutz“, die bereits 2013 gemeinsam mit der Stadt Bremen begann. Durch die internationale Unterstützung und einen intensiven Erfahrungsaustausch im Rahmen von Connective Cities gelang es nicht nur der Planungsbehörde, die Federführung bei den Klimaanpassungsmaßnahmen in eThekwini zu erhalten, sondern auch unter Beteiligung aller anderen Abteilungen einen multisektoralen Masterplan zur Klimaanpassung bis 2020 auszuarbeiten und umzusetzen. Als 2022 es nach Starkregen zu schweren Überflutungen in der Region kam, gelang es aufgrund des etablierten Frühwarnsystems und der Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, dass sich alle Bewohner*innen der betroffenen Gebiete rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Auch Dank Connective Cities sei eThekwini bei der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen jetzt führend in Südafrika.
Für Yurii Poliansky ist es – gerade wegen der Kriegssituation in der Ukraine – besonders wichtig, die Gelegenheit zu bekommen, international Erfahrungen auszutauschen und Unterstützung zu erfahren. Seine Stadt Lviv ist derzeit eine Drehscheibe für Menschen, die Sicherheit vor dem Krieg suchen und Zufluchtsort für vielen Binnengeflüchtete. Anregungen und Umsetzungskonzepte, die er sowohl durch die Beteiligung an dem Deep Dive Prozess „Heat in the City“ wie auch an der Dialogveranstaltung zu „Voluntary Local Reviews“ bekommen hat, helfen bei Verbesserungen in der Stadtplanung. Auch wenn aufgrund des Krieges die Möglichkeiten hierfür derzeit begrenzt seien, wisse er jetzt, wie er sie nach Kriegsende umsetzen könne.
Verena Schwarte erläuterte, wie Bonn die Gelegenheit bekommen hatte, gemeinsam mit Connective Cities die Dialogveranstaltung „Inklusive Städte“ auszurichten, die letztendlich, auch im Austausch mit Ramallah, dazu geführt hat, Grünanlagen in Bonn inklusiver zu gestalten. Bonn ist neben Stuttgart und Mannheim eine der ersten Städte, die einen „Voluntary Lokal Review“ (VLR) erstellt haben. Durch eine Dialogveranstaltung von Connective Cites konnte Bonn sein Akteursnetzwerk, beispielsweise zu UN-Habitat, und den Städten La Paz, Manizales und Cape Coast deutlich erweitern, wodurch neue Perspektiven, Impulse und gute Praktiken in den VLR-Prozess eingebracht werden konnten.
Mit dieser Frage beschäftigten sich Niels Albers, Bereichsleiter der SKEW, Barbara Baumbach, Lina Furch, Martin Tebogo Matlou, Internationaler Projektmanager der South African Local Government Association (SALGA), Ricarda Meissner und Andreas Wolter, Bürgermeister der Stadt Köln.
Der innovative Ansatz von Connective Cites, betonte Niels Albers, habe sich auch deswegen bewährt, weil sich die drei Kooperationspartner optimal ergänzen. Die SKEW konnte ihre Erfahrung in der Durchführung von Dialogveranstaltungen in Deutschland einbringen, die GIZ konnte über ihre Auslandsstruktur die regionalen Netzwerke aufbauen und regionale Workshops und Lernprozesse etablieren und über den Deutschen Städtetag konnten viele deutsche Städte und weitere Städteverbände einbezogen werden.
Eine stetig wachsende Anzahl von Kommunen ist in der Lokalisierung der Agenda 2030 aktiv. Auch durch eine zunehmende Anzahl von VLRs, die während der „High Level Political Fora“ der UN präsentiert werden, konnte sich die kommunale Entwicklungspolitik inzwischen international positionieren. Auf dem Zukunftsgipfel der UN wurde die besondere Rolle der Kommunen bei der Umsetzung der Agenda 2030 ausdrücklich erwähnt. Auch das BMZ plane, die kommunale Ebene im nationalen Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen. Doch dieses kommunale Engagement, so Niels Albers, brauche Ressourcen. Es sei daher wichtig, die finanzielle Unterstützung der Kommunen sicherzustellen.
Im Connective Cities Netzwerk entstehen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit. Diese sollten noch stärker sichtbar gemacht werden, so Niels Albers
Martin Tebogo Matlou wies auf die Rolle aber auch auf die Herausforderungen hin, denen viele Städte gegenüberstehen. Viele große Städte im Globalen Süden müssten mit einem schnellen Bevölkerungswachstum, einer rapiden Urbanisierung kämpfen. Dies wirke sich auf fast alle Bereiche einer nachhaltigen Stadtentwicklung aus: Auf bezahlbaren Wohnraum, Umweltschutz, Klimaanpassung, soziale Inklusion und Armutsreduzierung, auf die öffentliche Daseinsvorsorge in den Bereichen Wasser und Sanitär, Elektrizität, Abfallentsorgung, bis hin zur lokalen Wirtschaftsförderung und Maßnahmen der Digitalisierung. Connective Cities helfe, diese Herausforderungen zu meistern, indem sie Fachleute zusammenbringt, Partnerschaften initiiert und die Entwicklung und Umsetzung konkreter Projekte unterstützt.
Andreas Wolter sieht die Potentiale der Städte-Plattform Connective Cites, Kommunen bei ihrer nachhaltigen Entwicklung zu stärken, in fünf Bereichen: 1.) Durch ihre bewährten Formate des internationalen Fachaustausches sei sie flexibler sei klassische Städtepartnerschaften; 2.) das Süd-Süd-Nord-Format stärkt die Schlüsselrolle der Kommunen in der Umsetzung der Agenda 2030; 3.) der internationale Fachaustausch kann auch helfen, post-koloniale Strukturen zu überwinden; 4.) die Unterstützung kommunaler guter Regierungsführung kann helfen, sich vor geostrategischen Abhängigkeiten von anderen internationalen Akteuren zu schützen und 5.) Demokratiebildung, Anti-Diskriminierung, Gendergerechtigkeit und Inklusion sind wichtige Bereiche im kommunalen Fachaustausch.
Ricarda Meissner skizzierte inhaltliche Schwerpunkte, die in einer nächsten Phase von Connective Cites stärker im Fokus stehen könnten. Ein noch stärkerer Akzent auf werde Umsetzungsmöglichkeiten von Projekten gesetzt und Innovationen, die indirekt angestoßen wurden, aber über den eigentlichen Lernprozess hinausgehen, stärker in den Blick genommen. Für Städte, die vor sehr schwierigen Situationen stehen, sei es durch gewaltsame Konflikte oder Naturkatastrophen, sollen Räume geschaffen werden, um gemeinsam adäquate Lösungen für diese neuen Herausforderungen zu erarbeiten. Aber auch neue Bedarfe, Entwicklungen und Technologien werden stärker berücksichtigt, wie beispielsweise aufstrebende Tech-Cities in Afrika und die Entwicklung grünen Wasserstoffs. Last but not least seien Demokratieförderung, sozialer Zusammenhalt und die Förderung eines guten urbanen Zusammenlebens wichtige Themen in diesen Zeiten.
Barbara Baumbach betonte, dass es wichtig sei, das Potential von Connective Cites stärker nach außen zu tragen. Wenn innovative Lösungen bis zur Umsetzungsreife gefördert und letztendlich auch erfolgreich umgesetzt werden, sollten diese gemeinsam mit den beteiligten Kommunen vermarktet und in die Breite getragen werden. Die Agenda 2030 bildet hier auf internationaler Eben einen Bezugsrahmen. Auch eine Verzahnung mit der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit kann sinnvoll sein, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Die Beteiligten im Netzwerk von Connective Cities agieren bereits erfolgreich als Reallabore auf lokaler und regionaler Ebene. Connective Cities könne eine noch größere Wirkung auf nationaler und internationaler Ebene entfalten.
Danach wurde es ausgelassener. In entspannter Runde wurde jedoch intensiv an den informellen Netzen unter den kommunalen Praktiker*innen geknüpft und geflochten.
...aus dem Kreis unserer kommunalen Praktiker*innen, aufgenommen während des Abendempfangs.
... leistet sehr gute Arbeit, um die Welt zu verbinden.
... verbindet die Verbände und die Städte miteinander und lässt niemanden zurück.
... eine großartige Partnerin, besonders auf globaler Ebene. Sie ist eine Verbindung von verschiedenen Partnerschaften innerhalb der Welt.
... Wissensaustausch innerhalb der Städte in der Welt.
... sehr informativ.
... eine Plattform für den kulturellen Austausch, den Wissensaustausch, und sie überbrückt die Kluft zwischen Bürgermeister*innen, Bürger*innen, städtischen Praktiker*innen und Gemeinden.
... eine fantastische Plattform, um alle Städte miteinander zu verbinden, von kleinen bis zu großen Ländern, von entwickelten Ländern bis zu Entwicklungsländern, von Europa bis Südafrika. Sie bringt unterschiedliche Einsichten und Weitblicke, unterschiedliche Sichtweisen, unterschiedliche Herausforderungen und verschiedene Aspekte des Lebens mit sich.
...voll von Wissen.
... ein Haus der Städte in Bezug auf die Lokalisierung der SDGs, in Bezug auf die Verbindung der Städte, in Bezug auf den Wissensaustausch zwischen den Städten
... gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
…hebt die Schätze der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit, die in den Kommunen lagern.
…verbindet die Menschen auf Augenhöhe und nicht nur die Städte.
…niederschwellig und gleichzeitig hochprofessionell.
… eine gute Möglichkeit, sich international und auch national mit anderen Akteur*innnen im gleichen Feld auszutauschen.
…innovativ.
…der Motor für alle Städte, um zu netzwerken, Klimaschutz voranzubringen und tolle Leute kennenzulernen.