Aufbruch zu nachhaltigerem Bauen

Der Bausektor muss grüner werden: Weltweit ist er für bis zu 40 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Zudem verbraucht die Bauindustrie viele Ressourcen, denn wertvolle Baustoffe werden kaum wiederverwertet. Doch geht es nicht nur um die Bauphase: Die Bauweise eines Gebäudes trägt entscheidend dazu bei, wie viel Energie während der gesamten Lebenszyklus des Gebäudes für das Heizen oder Kühlen aufgewendet werden muss.

Um dem Klimawandel zu begegnen und die Umwelt zu schützen, muss der Bausektor also dringend dekarbonisiert werden. Hierfür gibt viele innovative Möglichkeiten, zum Beispiel mit biobasierten Materialien wie Holz, Lehm und Ziegel oder durch die Wiederverwertung von verbauten Materialien.

Kommunen spielen eine zentrale Rolle dabei, den Bausektor nachhaltiger zu gestalten – im Rahmen eigener Bauvorhaben als Innovationstreiberinnen sowie bei der Gestaltung von baulichen Rahmenbedingungen und Bauvorschriften.

Im Rahmen eines einjährigen Lernprozesses von Connective Cities tauschten sich Vertreter*innen von Kommunen und Forschungseinrichtungen sowie Planer*innen und Architekt*innen über ihre Erfahrungen und ihr Wissen zum klimagerechten Bauen aus und inspirierten sich gegenseitig zu ihrer Arbeit.

Dialogveranstaltung: Was müssen und was können wir tun?

Der Lernprozess startete mit einer Dialogveranstaltung vom 13. bis 15. November 2023 in Potsdam, bei der die Teilnehmenden aus Bhutan, Indonesien, Nepal, Südafrika sowie aus Berlin, Heidelberg, Lörrach, München, Stuttgart und Potsdam berichteten und diskutierten, wie sie eine Transformation hin zu klimafreundlichem Bauen gestalten. In Heidelberg und München soll beim Bau neuer Stadtquartiere auf ehemaligen Militärgeländen möglichst viel vorhandenes Baumaterial wiederverwendet werden. Der Architekt Nyoman Popo Priyatna Danes erläuterte, wie beim Bau einer Hotelanlage auf Bali traditionelle und moderne Technologien kombiniert wurden. Wichtig sei gewesen, die Bevölkerung für die Fragilität der Landschaft und für ökologisches wirtschaftliches Handeln zu sensibilisieren.

Laut Dr. Susanne Winter vom World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland und Peter Heuer, Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung von Potsdam, gelte es hinsichtlich des Bauens mit Holz, eine nachhaltige Balance zwischen dem Schutz und der Nutzung von Wäldern zu finden. Holz für die Bauindustrie müsse aus nachhaltig bewirtschaften Wäldern stammen. Prof. Dr. Jürgen Kropp vom Bauhaus Erde und dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wies darauf hin, dass biobasierte Baumaterialen die gefährliche Aufheizung der Städte abmildern könnten und Holz entgegen manchen Meinungen ein stabiler und langlebiger Baustoff sei.

Der Dialog fand in Kooperation mit der Stadt Potsdam, dem Bauhaus Erde und dem PIK statt.

-> Gute Praktik I: Lörrach plant erstes Gewerbegebiet Deutschlands in Holzbauweise
-> Gute Praktik II: Banepa bewahrt traditionelle Bauweisen unter Verwendung biobasierten Materialien
 

Ideen zur Nachahmung: nachhaltige Stadtentwicklungsplanung in Deutschland

Seit 2019 hat sich das Team des Stadtplanungsamts des Großraums Amman in Jordanien an einem internationalen Dialogprozess zu nachhaltiger Stadtplanung von Connective Cities beteiligt. Dabei hat es sich mit anderen Stadtplanenden aus aller Welt ausgetauscht und externe Expertise aus dem Netzwerk für die Planung eines neuen Viertels eingeholt. Im August 2022 reiste eine 11-köpfige Delegation zum Abschluss dieses Prozesses nach Deutschland und sammelte viele Ideen, wie sich die Stadtplanung in Amman verbessern lässt. Dabei machte sie Station in Münster, Dortmund, Köln und Frankfurt am Main.

Das Team des Stadtplanungsamts war besonders interessiert an Tipps und Erfahrungen zur deutschen Baurechtsverordnung, denn es entwickelte gerade eine solche nationale Verordnung, die allen Beteiligten – von Landbesitzenden bis hin zu den Planungsämtern der Kommunen – bei der Stadt- und Raumplanung mehr Rechtssicherheit geben soll. Über den Entwurf soll das jordanische Parlament im Jahr 2023 abstimmen.

Bereits 2021 hatte das Team zusammen mit deutschen Experten die relevanten jordanischen und deutschen gesetzlichen Grundlagen analysiert und diverse Empfehlungen diskutiert, unter anderem, wie die Kommunalverwaltung den Umgang mit Landbesitzenden vereinfachen kann.

Dieser Bericht dokumentiert die Studienreise in vier Stationen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse aus Sicht der jordanischen Delegation.